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architektur zu erfreuen. Nicht kalte, stolze Pracht, nicht
üppiger Luxus und nicht kühne, der Erde Schranken über⸗
springende Phantastik gibt dieser ihr Gepräge. Alles daran
atmet eine intime, häusliche Poesie, welche, wie immer in
solchem Fall, der Sinnesart, dem Wesen und dem Leben
ihrer Bewohner erblüht, die sich das Haus, ihren eigenen,
würdigen Daseinsbedingungen und menschlich schönen Nei—
gungen gemäß, gestaltet und geschmückt haben. Das Gras
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wieder von ländlichen Arbeitern geschnitten, und in der klaren
Luft schwamm der süßeste aller Düfte, der des frischen Heus,
vermischt mit dem kräftig würzigsten, dem des Nadelholzes.
Die kahlen Klippenwände des Buccegi waren von zartem,
silberbläulichen Duft umwoben. Auf den Tannen, den
Buchen und dem Rasen lag der heiße, stille Sonnenschein, in
welchem die Schieferdächer des Schlosses wie poliertes Silber
glänzten. Keine Nadel an den Zweigen der ersteren, kein
Blatt der Buchenkronen und Gebüsche bewegte sich. Der
jeweilige Schlag der Turmuhr, das Rauschen und Murmeln
des Pelesch neben mir, in seinem von saftig grünem Huf—
lattich umsäumten, von Felsblöcken verengten Waldbett, von
Zeit zu Zeit das Läuten der Klosterglocken, waren die
einzigen Laute, welche diese träumerische Vormittagsstille
durchtönten.
Durch die kolossalen Massen und Verhältnisse der um—
gebenden Gebirge und Bergwälder erscheint das Schloß not—
wendig kleiner als es in Wahrheit ist, wenn es quch nicht
zu den großen, weiträumigen Palästen gehört, sondern der
Charakter des fürstlichen Landsitzes und wohnlichen Lust—
schlößchens in seinem Innern und Äußern konsequent fest—
gehalten und durchgeführt ist. Die eine lange Hauptfront
kehrt es nach Süden. In einigem Abstande von der west⸗
lichen Seite erhebt sich ein in gleichem Stil gebautes Kavalier⸗