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IX. In Carmen Sylvas Königreich

Full text: Aus jungen und alten Tagen / Pietsch, Ludwig (Public Domain)

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architektur zu erfreuen. Nicht kalte, stolze Pracht, nicht 
üppiger Luxus und nicht kühne, der Erde Schranken über⸗ 
springende Phantastik gibt dieser ihr Gepräge. Alles daran 
atmet eine intime, häusliche Poesie, welche, wie immer in 
solchem Fall, der Sinnesart, dem Wesen und dem Leben 
ihrer Bewohner erblüht, die sich das Haus, ihren eigenen, 
würdigen Daseinsbedingungen und menschlich schönen Nei— 
gungen gemäß, gestaltet und geschmückt haben. Das Gras 
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wieder von ländlichen Arbeitern geschnitten, und in der klaren 
Luft schwamm der süßeste aller Düfte, der des frischen Heus, 
vermischt mit dem kräftig würzigsten, dem des Nadelholzes. 
Die kahlen Klippenwände des Buccegi waren von zartem, 
silberbläulichen Duft umwoben. Auf den Tannen, den 
Buchen und dem Rasen lag der heiße, stille Sonnenschein, in 
welchem die Schieferdächer des Schlosses wie poliertes Silber 
glänzten. Keine Nadel an den Zweigen der ersteren, kein 
Blatt der Buchenkronen und Gebüsche bewegte sich. Der 
jeweilige Schlag der Turmuhr, das Rauschen und Murmeln 
des Pelesch neben mir, in seinem von saftig grünem Huf— 
lattich umsäumten, von Felsblöcken verengten Waldbett, von 
Zeit zu Zeit das Läuten der Klosterglocken, waren die 
einzigen Laute, welche diese träumerische Vormittagsstille 
durchtönten. 
Durch die kolossalen Massen und Verhältnisse der um— 
gebenden Gebirge und Bergwälder erscheint das Schloß not— 
wendig kleiner als es in Wahrheit ist, wenn es quch nicht 
zu den großen, weiträumigen Palästen gehört, sondern der 
Charakter des fürstlichen Landsitzes und wohnlichen Lust— 
schlößchens in seinem Innern und Äußern konsequent fest— 
gehalten und durchgeführt ist. Die eine lange Hauptfront 
kehrt es nach Süden. In einigem Abstande von der west⸗ 
lichen Seite erhebt sich ein in gleichem Stil gebautes Kavalier⸗
	        
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