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lands. Und doch hat der große Kanzler seine staatsmännische
politische Weisheit bei dieser bulgarischen Katastrophe in
seinem ganzen Verhalten so glänzend bewiesen wie in irgend⸗
einer Angelegenheit der internationalen Politik.
Dank den Mitgliedern des gastlichen Häberleschen Hauses,
dem Verkehr mit v. Saldern, mit Corvin, und dank der
Stunden im Klub, in den mich mein Gönner bei meiner
Wiederkehr von neuem eingeführt hatte, verflossen mir persön⸗
lich diese erwartungsvollen, unruhigen Tage höchst angenehm.
So war der 7. September gekommen, an dem nachmittags
2 Uhr die Abreise des Fürsten erfolgen sollte. Eine Regent—
schaft mit Stambulow haͤtte er eingesetzt. Von der Mittags—
stunde an versammelten sich die meisten namhaften Persönlich—
keiten Sofias im großen unteren Flur des Schlosses. Draußen
fuhr eine lange Reihe mit Vieren breit bespannte Phaẽtons
vor. Darunter auch der, den Lukees und ich gemietet hatten
und dessen Viergespann ein ehemaliger Kavallerist, welchen
jener bereits als sehr geschickt und findig erprobt hatte, lenkte.
Dort hielten auch die Reiter des Convois, welche dem Fürsten
das letzte Ehrengeleit geben sollten.
Das große Vestibül im Erdgeschoß hatte sich immer
dichter mit Herren und Damen gefüllt. Die Regenten, die
Minister, die Generalität, die Leibdiener des Fürsten in
prächtiger, goldbeschnürter, montenegrinischer Nationaltracht,
standen am Fuß der großen Treppe. Nun kam er, von seinem
Bruder und seinem Sekretär begleitet, die Stufen herab, ge—
kleidet in die Alltagsuniform des Convoi: weißen Waffenrock,
blaue Beinkleider und bis wenig unterhalb der Knie reichende
russische Schaftstiefel, die flache, weiße Mütze in der Hand.
Er schien tief bewegt. Seine Augen und Züge drückten eine
milde Schwermut aus, wenn auch bei der Begrüßung durch
ihm besonders werte Menschen ein freundliches Lächeln über