schienen, Ortel mit seinen winzigen Beinchen so weit als mög⸗
lich ausschreitend dicht neben dem über sechs Fuß hoch auf—⸗
geschossenen Freunde daherkam, welchem die Spitze des Hrtel—
schen Hutes noch nicht bis zum Ansatz des Oberschenkels reichte,
lebhaft mit den Händchen operierend, mit dem Stöckchen
fuchtelnd und laut in den tiefsten Brustregistern sprechend,
damit ihn die Begegnenden nur ja auch für einen Mann und
keinen Knaben ansähen. Der Kleinheit seiner Gestalt entsprach
übrigens die seines Talents. Wie zu dem hoch über ihn auf—
ragenden, schönen, schmalen, nervösen Jünglingsantlitz seines
Freundes so blickte er auch in neid- und kritikloser Be—
wunderung zu dessen vermeintlichem Genie empor.
Gregorovius' hoher Begabung aber gebrach es in Wahr—
heit ebenso an dem eigentlichen Mark, an der Produktions⸗
kraft, wie seinem Körper an Widerstandsfähigkeit und Dauer—
—DDVD
sucht verstorben. Desto stärker, desto reicher entwickelt war in
allen künstlerischen Dingen sein Erkenntnis- und sein Empfin—
dungsvermögen.
Für die Natur, die Musik, die Poesie war er mit den
feinfühligsten Organen und mit einem erstaunlich früh ge—
reiften, ebenso eindringenden Verständnis ausgestattet wie für
die bildende Kunst. Für mich, der ich damals noch tief und
blind verrannt in der kindlichsten Cornelius- und Kaulbach—
anbetung steckte und nicht müde wurde, in diesem Sinne zu
komponieren, für meine hohen Ideale und künstlerischen An—
schauungen hatte der ältere, reifere Freund nur noch gut—
mütigen Spott. Vorläufig gelang es ihm nicht, mich ihnen
dadurch abwendig zu machen. Desto williger aber begleitete
ich ihn auf seinen Begeisterungsflügen in die sublimsten Re—
gionen der Poesie, besonders Shakespeares, der mir damals
erst seit kurzem aufzugehen begonnen hatte durch unseren
fünften Genossen und Landsmann, den — Dichter.