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I. Epigonen der Romantiker

Full text: Aus jungen und alten Tagen / Pietsch, Ludwig (Public Domain)

schienen, Ortel mit seinen winzigen Beinchen so weit als mög⸗ 
lich ausschreitend dicht neben dem über sechs Fuß hoch auf—⸗ 
geschossenen Freunde daherkam, welchem die Spitze des Hrtel— 
schen Hutes noch nicht bis zum Ansatz des Oberschenkels reichte, 
lebhaft mit den Händchen operierend, mit dem Stöckchen 
fuchtelnd und laut in den tiefsten Brustregistern sprechend, 
damit ihn die Begegnenden nur ja auch für einen Mann und 
keinen Knaben ansähen. Der Kleinheit seiner Gestalt entsprach 
übrigens die seines Talents. Wie zu dem hoch über ihn auf— 
ragenden, schönen, schmalen, nervösen Jünglingsantlitz seines 
Freundes so blickte er auch in neid- und kritikloser Be— 
wunderung zu dessen vermeintlichem Genie empor. 
Gregorovius' hoher Begabung aber gebrach es in Wahr— 
heit ebenso an dem eigentlichen Mark, an der Produktions⸗ 
kraft, wie seinem Körper an Widerstandsfähigkeit und Dauer— 
—DDVD 
sucht verstorben. Desto stärker, desto reicher entwickelt war in 
allen künstlerischen Dingen sein Erkenntnis- und sein Empfin— 
dungsvermögen. 
Für die Natur, die Musik, die Poesie war er mit den 
feinfühligsten Organen und mit einem erstaunlich früh ge— 
reiften, ebenso eindringenden Verständnis ausgestattet wie für 
die bildende Kunst. Für mich, der ich damals noch tief und 
blind verrannt in der kindlichsten Cornelius- und Kaulbach— 
anbetung steckte und nicht müde wurde, in diesem Sinne zu 
komponieren, für meine hohen Ideale und künstlerischen An— 
schauungen hatte der ältere, reifere Freund nur noch gut— 
mütigen Spott. Vorläufig gelang es ihm nicht, mich ihnen 
dadurch abwendig zu machen. Desto williger aber begleitete 
ich ihn auf seinen Begeisterungsflügen in die sublimsten Re— 
gionen der Poesie, besonders Shakespeares, der mir damals 
erst seit kurzem aufzugehen begonnen hatte durch unseren 
fünften Genossen und Landsmann, den — Dichter.
	        
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