I44
Stockwerks sechs stolze, antike Granit- und Marmorsäulen
aus den Ruinen der nahen griechisch-römischen Theater ein⸗
gereiht. Breite Marmortreppen führen zur Grundfläche des
Domes hinauf; eine stattliche Marmorbalustrade umrahmt oben
den Platz und nach der Straße hin einen blütenreichen Garten.
Das Innere des Tempels ist eine weite, dreischiffige Basilika
in Barockstil, mit der Kuppel über der Vierung in großen,
vornehmen Verhältnissen angelegt, übrigens geweißt und ohne
hervorragenden künstlerischen Schmuck. Ein paar mittelmäßige
Bilder in den Seitenkapellen, einige Marmordenkmale und
Sarkophage von Fürsten der arragonischen Dynastie und ein
allerdings sehr reiches und ausgedehntes Werk der Holz⸗
schnitzerei des 16. Jahrhunderts: das große Chorgestühl im
hohen Chor, an welchem en relief die ausführlichste Lebens—
und Martergeschichte der „Diva Agatha“ dargestellt ist, —
das ist alles.
Das Merkwürdigste ist die Kapelle zur Rechten dieses
Chores. Sie enthält den verehrten Tesoro der Kirche, die
Reliquien der heiligen Agathe. In einem hohen alten Bronze⸗
schrein hinter einem dichten Gitter birgt sich der große silberne
Sarg, der am Feste der Stadtgöttin im Februar von den
Männern Catanias durch die Straßen getragen wird. Die
Heilige war geborene Catanierin in römischer Kaiserzeit.
Den Prätor Quintianus reizte ihre holde Schönheit. Als die
fromme und keusche Jungfrau sein Liebeswerben zurückwies,
läßt ihn die Legende sich an ihr in der bekannten fürchter—
lichen Weise rächen, daß er ihren schönen Leib durch das Ab⸗
schneiden des schönsten Schmucks eines weiblichen Körpers zu
verstümmeln befahl.
Diese Mythe befriedigt wie kaum eine andere jene tief
in der romanischen Rasse und im römischen Katholizismus
steckende Neigung zur innigen Verschmelzung von Grausamkeit
und Wollust. Den Malern dieser Kirche aber bot er seiner