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kommenheit der Herren Lakaien auf Bock- und Dienersitz, die
Eleganz der bewappneten Wagen mit Muße zu bewundern.
Ein solches Schauspiel findet immer und überall ein williges
Publikum. Es ist hier in sich so tadellos wie nur je in den
Glanztagen von Paris an einem Frühlingsmittag zu Long⸗
champs. Es stellt das auf der neapolitanischen Chiaja- und
Posilippstraße Gesehene vollständig in Schatten, was die
äußere Vollendung betrifft. Aber trotzdem dünkt es mich ein
gut Teil langweiliger als das da und dort am Golf und
im „Bois“ aufgeführte. Das muntere, nackte, braune Ge—
sindel, das sich auf der anderen Seite des Quais lustig
schreiend ins blaue, abenddunkle Meer stürzt, sich zwischen
den schwärzlichen Felsblöcken und den Kähnen kreischend
tummelt, bespritzt, umherplätschert, liefert im allgemeinen für
den Beobachter eine solidere und interessantere Ausbeute als
jene, jedes Lokalkolorits entbehrende, abendliche, palermitanische
„Praterfahrt“. Längs der ehemaligen Stadtmauer der Quai⸗
brüstung, parallel hinter einer Akazienalle, sind mit besonderer
Rücksicht für die Zuschauer mehrere Cafes etabliert, vor
welchen diese während des Korsos ihr Eis in Ruhe verzehren
können. Seltsame Institute. Sie haben die Außenwand mit
großen Spiegeln in Goldrahmen behängt, große, teils nur in
rosa Schleier drapierte, teils mit vollständigen Ballettkostümen
bekleidete, bemalte Puppen unter ihre Laternen gestellt, ihnen
Blumenkörbe in die Hände gegeben; überall dieselbe kindlich—
bäuerische Geschmacksbarbarei.
Und dabei ist die ganze Natur, welche diese Menschen um—
gibt, so im eminentesten Sinne stilvoll, so groß, kühn, streng
und ernst-⸗prächtig. Man sieht: darin liegt das den Sinn der
Bewohner erziehende Element nicht. Wenigstens heute nicht mehr.
Daß es ehedem auch hier in Palermo anders war, beweisen uns
die herrlichen Reste seiner sarazenisch:normannischen Vergangen⸗
heit. w