seinem zuverlässigen Plan in der Tasche und seinem natür—
lichen, durch Ubung ausgebildeten Orientierungsvermögen im
Kopf vertrauend, diesen Ort in allen Richtungen durch—
kreuzt, dessen Bild im ganzen großen, wie im Detail zu ge—
winnen und die Punkte und Eigenheiten herauszufinden sucht,
welche er mit anderen durch mancherlei natürliche, klimatische
und natürliche Bedingungen gemeinsam hat und welche ihn
trotzdem, wie von allen anderen, auch von solchen scheinbar
ähnlichen höchst wesentlich unterscheiden.
Man kann Palermo nicht in solcher Weise durchschweifen,
ohne in jedem Augenblick an Neapel erinnert zu werden, und
zugleich nicht ohne sich der tiefgreifenden Unterschiede zwischen
beiden Städten sehr bald bewußt zu werden.
Wenn Goethe den Hauptnachdruck darauf legt, daß
Palermo, ganz nach Norden gelegen, „die beiden Himmels—
lichter“, sich niemals im Meer spiegeln sieht, und daß dieses
mithin immer ernst und zudringend, während das in Neapel
immer weiter und luftiger erscheint, so kann man — bei der
größten Verehrung für seine Beobachtung und sein Urteil —
das nicht in voller Ausdehnung zugeben. Palermo liegt
mindestens ebenso sehr gegen Osten als gegen Norden; die
Quais von Sonnenaufgang bis gegen 11 Uhr in voller
glühender Sonne so gut wie nur die Chiaja und Sta Lucia
in Neapel. Diese sizilische Julisonne hat von der ersten Morgen⸗
frühe an eine ganz eigenartige Kraft und Wirkung. Ihr Licht
und ihre Wärme sind mir wohl recht; aber der Effekt auf die
Haut vermehrt nicht gerade den Genuß des hiesigen Sommer⸗
aufenthalts. Man macht sich die zutreffendste Vorstellung da—
von, wenn man sich sämtliche Unterkleider, welche den Körper
unmittelbar berühren, aus dem mehr wohltätigen als an—
genehmen Stoff des spanischen Fliegenpflasters gearbeitet oder
mit einem Unterfutter von Tausenden scharfen Nadelspitzen
ausgestattet denkt. Leider hört diese Empfindung auch nicht