hältnis der Figuren zum Raume und zur baulichen Umgebung
meisterhafte Vorbilder, die bis dahin selbst in der Florentiner
Malerei unübertroffen blieben, ja selbst von Ghirlandajo noch
nicht wieder erreicht wurden,
Über dieses Stadium hinaus geht das Problem in den
unteren Reliefs: hier verzichtet der Bildner — mit Aus-
nahme des Sabareliefs — fast ganz auf die Hilfe der geometrisch
konstruierbaren Formen und wagt es, die räumliche Tiefen-
dimension nur durch Figurengruppen und -reihen vor landschaft-
licher Fernsicht zu erreichen.
Eine solche Reliefperspektive wird naturgemäß um So
schwieriger, je niedriger die Bildfläche ist, und daher bezeichnet
die letzte und höchste Stufe, die Ghiberti hierin erreicht hat, das
Vorderrelief des S. Zenobioschreines im Florentiner Dom. Hier
ist auf einem friesartigen Streifen die Bühne seitlich von dicht
aneinander gedrängten Scharen gefüllt, während die Mitte des
Platzes frei bleibt und nur ganz vorn die wenigen Figuren der
Hauptscene stehen. —
Muß solche Herrschaft über die plastischen Darstellungs-
mittel nicht auch der statuarischen Kunst genügen? — Wenn
man Ghibertis Statuen an Orsanmichele, den Täufer (1414
bis 1416), den Matthäus (1419—1422) und den Stephanus
(1425—1426), mit denen Donatellos vergleicht, ist diese Frage
zu verneinen, und wieder sind die dabei hervortretenden Un-
zulänglichkeiten Eigenheiten der gotischen Überlieferung. Jene
Bronzestatuen bleiben bei aller sich steigernden Vollendung doch
eben nur Vergrößerungen der zahlreichen selbständig gedachten
Einzelfiguren der Reliefbilder — wie der Maria in der Tempel-
scene oder des kreuztragenden Christus an der Nordtür, oder
der Prophetenstatuetten in den Randnischen der Osttür. Hal-
tung und Faltenwurf sind gotisch. Das Neue beschränkt sich
— abgesehen von den antikisierenden Köpfen, die in den Me-
daillonbüsten der Nordtür Gegenstücke finden — auf jenen
Schönheitssin, der auch in den Reliefs Sondergruppen von so
vollendeter Anmut schuf, wie die von Engeln umrahmte Ge-
burtsscene der Eva und die vier Frauen links auf dem Esau-
relief. Die Geschmeidigkeit der Linienführung, die innerhalb der
Reliefbilder kleinen Maßstabes das Auge bezaubert, nimmt der
überlebensgroßen Statue die plastische Wucht. Den Eingang in
die Florentiner Renaissance hat nicht der Täufer Ghibertis er-
obert, sondern der Heilige Georg Donatellos! — Donatello ist
es, der jene packende Naturwahrheit, die Brunellieschi noch
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