spielend errungen, tatsächlich aber ist auch er hier nur dem be-
sonnensten Fleiß geworden. Wir wissen nicht mehr, wie oft die
Wachsmodelle für diese Bronzereliefs geändert und verbessert
wurden, aber wir können es aus der Zeitdauer der ganzen Arbeit
ermessen: fünfundzwanzig Jahre für zehn Darstellungen — freilich
auch für einen ornamentalen Rahmen, der an Reichtum nicht
seinesgleichen hat! —
Die künstlerische Selbsterziehung äußert sich auch in den
Fortschritten, welche diese Reliefs erkennen lassen. Nicht überall
ist die Ausfüllung der Flächen kompositionell in gleichem Grade
geglückt. Die Darstellung von Kains Brudermord bleibt kahl in
der Gesamtwirkung und ohne packendes Leben. Da ist der
Landschaft zu viel Raum gelassen. Überhaupt herrscht das land-
schaftliche Element, das an der Nordtür bei der Scene zu
Getsemane und dem Sturmrelief mit der Errettung Petri schon
als Stimmungselement mitwirkte, in den vier obersten Reliefs am
stärksten vor. In den unteren Reihen wird es durch die Figuren-
fülle bereits räumlich eingeengt, und in den mittleren Tafeln sind
die Scenen aus dem Leben Jakobs und Josephs durch majestä-
tische Architekturen ausgezeichnet. Vielleicht sprach bei dieser
Verteilung die Rücksicht auf die Stelle der Reliefs mit: oben
wirken die landschaftlichen Gebilde als größere Massen, unten
vermag das Auge selbst die einzelnen Gestalten zu würdigen.
Der letzte Grund für solche Verschiedenheiten bleibt aber
doch eine Veränderung der künstlerischen Absicht und des
Wagemutes. Man darf annehmen, daß die unteren Reliefs —
die Gesetzgebung am Sinai, die Einnahme von Jericho, David
und Goliath und der Empfang der Königin von Saba durch
Salomon — zeitlich die letzten sind, denn zweifellos be-
kunden sie die größte künstlerische Reife und spiegeln inner-
halb der ganzen mit den Bildwerken der Nordtür anhebenden
Entwicklung das Stadium der Vollendung. Räumliche Tiefe und
Formenfülle steigern sich. Während die vier oberen Reliefs doch
mehr als Vordergrundbilder wirken, leitet auf den beiden mittleren
die Hallenarchitektur den Blick in die Tiefe majestätischer Innen-
räume. Eine besonders geniale Erfindung ist dabei der große
offene Rundbau auf dem Josephrelief, aber er erscheint wie die
praktische Norm eines Lehrsystems, und das Gleiche gilt von
den Hallen auf dem Esau- und dem Salomonrelief. In der Tat
ist Ghiberti schon allein durch diese Hintergrundsarchitekturen
zum eigentlichen Begründer der geometrischen Perspektive ge-
worden. Bereits auf diesen Reliefs schuf er im Gesamtver-
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