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Die Jubiläums-Ausstellung des Vereins für Deutsches Kunstgewerbe in Berlin

Full text: Gesammelte Reden und Aufsätze / Meyer, Alfred Gotthold (Public Domain)

des Raumes ist denn auch höchst vornehm. Aber die Frage 
bleibt, inwieweit die moderne Leistung mitwirkt, und da will mir 
scheinen, daß dies nicht durchweg glücklich ist. Die architek- 
tonische Gliederung durch die Pfeiler ist banal; das Riesen- 
buffet mit seiner unvermittelten Verbindung von Louis XIV.- 
und Louis XVI.-Formen hat den Aufbau eines italienischen 
Renaissancewandgrabes, und auch die Ausnutzung der Kamin- 
wand zu Bibliothekszwecken ist nicht nachahmenswert. Selbst 
das gut gedachte große Glasfenster mit den weißen Kakadus im 
grün und gelb leuchtenden, von zwei tiefblauen Säulen geteilten 
Fond wirkt zu unruhig. Aber das Ganze zeigt doch, wie man 
heute auf Wunsch einem Raum selbst den Schein eines alt- 
ererbten fürstlichen Familienbesitzes und die einem solchen 
eigene Würde und Vornehmheit geschmackvoll zu schaffen 
vermag. 
Für die Firma Gerson ist dies schon altbekannter Ruhm. 
Sie fungiert dabei auch mehr als Käuferin und Bestellerin. Sie 
läßt fabrizieren, ist aber keine Spezialfabrik. Auch Julius 
Zwiener ist nicht zu den Möbelfabrikanten zu rechnen. 
Er ist Kunsttischler in ähnlichem Sinne, wie die €benistes du 
Roi in Paris, und er bewährt seine Spezialität, die selbst 
Pariser Arbeiten ebenbürtige Boulle- und Schnitztechnik, immer 
vortrefflich. — 
Daß auch die Möbelfabrikation in Berlin jetzt den 
höheren Rang einer im besten Sinne „kunstgewerblichen“ Werk- 
statt anstrebt, mag manchem Außenstehenden neu sein. Mehr 
in den Grenzen des Durchschnittsgeschmackes hält sich dabei 
die Firma Flatow & Priemer, deren Herrenzimmer in 
der sehr reichen ornamentalen Schnitzerei seines Polysander- 
mobiliars auf den ersten Blick allerdings die so berüchtigte 
Überladung der älteren „guten Stube“ streift. Aber dieses 
Ensemble ist hier auf jenen vornehm-prächtigen Grundton ge- 
stimmt, den die Dekorationen Lenbachs und Gabriel von Seidls 
im Münchener Künstlerhaus lehrten, und vor allem: die Detaillie- 
rung ist fast durchgängig, die technische Ausführung überall gut. 
Diesen Vorzug lassen die von Ferdinand Vogts aus- 
gestellten Marqueterie-Möbel im holländischen Geschmack des 
18. Jahrhunderts leider zum Teil vermissen. In dem Wohn- 
zimmer von Groschkus sind wenigstens Material und Technik 
tadellos, aber sein Mobiliar zeigt noch die alten Berliner Fehler: 
es ist zu prunkhaft und bringt eine innerlich stillose Verbindung 
traditioneller und moderner Formen.
	        
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