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Dritter Abschnitt

Full text: Unter fünf preußischen Königen / Dohme, Robert (Public Domain)

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Sturmvögel der Revolution, die überall durch hingeworfene, 
hetzende Redensarten das Volk aufzuwiegeln und Unzufriedenheit 
zu erwecken suchten. 
Zufällig fiel mir auf, daß ein mit langen Brettern be— 
ladener Arbeitswagen von einigen dieser Männer angehalten 
wurde, der Kutscher schien ihren Anweisungen sofort zu gehorchen 
und blieb trotz des Menschengewühls vor dem Pfeilerhause an 
der Kurfürsten-Brücke halten, bis nach etwa einer halben Stunde 
die ersten unaufgeklärten Schüsse fielen. In demselben Augen— 
blick wurde auch der Arbeitswagen seiner Last entledigt, und der 
erste Barrikadenbau mit jenen Brettern in der Königstraße errichtet. 
Die Gefangenen, die in der Nacht zum 19. März gemacht waren, 
wurden zunächst in den Schloßkellern in Sicherheit gebracht und 
allerdings nicht mit Glacéͤhandschuhen angefaßt und die Treppen 
hinuntergeleitet, das Militär war bereits zu sehr gereizt. 
Auf den Schloßhöfen biwakierten verschiedene Truppen— 
teile, Geschütze waren aufgefahren, dabei war ein fortwährendes 
Kommen und Gehen, Hasten und Treiben: Prinzen und Generale 
erschienen, Adjutanten und Ordonnanzen eilten herbei und ver— 
ließen ebenso eilig das Schloß, und in dem fieberhaften und auf— 
regenden Getriebe gingen die tollsten Übertreibungen von Mund 
zu Mund — die Stadt wäre bis zum letzten Winkel hinein in 
vollem Aufruhr, nach vielen Hunderten zählten die Toten, über— 
all wäre Morden und Plündern, Sengen und Brennen — und 
fanden wohl auch Einlaß bis zu den Königlichen Gemächern. 
Meine Frau und Kinder hatte ich einige Tage zuvor zu 
meinen in der Ritterstraße wohnenden Schwiegereltern gebracht, 
und ich wollte mich am 19. März überzeugen, wie es ihnen er— 
ginge und wie es in der Stadt aussähe. Die Truppen waren 
auf Königlichen Befehl zurückgezogen worden, und die bekannte 
Proklamation des Königs: „An meine lieben Berliner“ war gerade 
erschienen. Ich befand mich im Besitz eines Exemplars, und ich 
weiß selbst nicht, wie es kam, kurz, in meiner heftigen Auf— 
regung, in der sich damals jeder befand, und in dem Glauben,
	        
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