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als „Waise“ sah, hat mir Gastspiel auf Engagement
in Wien angetragen, welches ich so bald wie möglich
antreten soll. Der Hoftheaterdirektor aus Darmstadt
wollte mich ebenfalls engagiren. Alle Leute in Hamburg
sind verrückt über die Jane Eyre.“
Swei Srinnerungen an jene Tage befinden sich im
Nachlaß von Marie Seebach: ein Bild der Birch⸗Pfeiffer
mit der eigenhändigen Unterschrift „Ihrer ersten Jane
Eyre zur freundlichen Erinnerung an die Verfasserin
der Waise von Cowood“ und ein Stammbuchblatt mit
der Inschrift: „Gegen große Vorzüge eines Anderen
giebt es kein Rettungsmittel als die Liebe, darum müssen
Sie es mir schon erlauben, daß ich Sie von ganzer Seele
liebe. Hendrichs. Hamburg, 9. Juli 1853, 13. Vorstellung
von Jane Eyre.“
Am 10. Juli trat Marie Seebach ihre verspätete
Urlaubsreise an — zunächst nach Berlin, um ihre
Schwester und die Tante Frieb-⸗Blumauer wiederzusehen.
Letztere war 1853 nach beifälligem Gastspiel am Ber—
liner Hoftheater engagirt worden und blieb ihm fortan
durch dreiunddreißig Jahre bis zu ihrem Tode getreu.
Wilhelmine Seebach war von Amsterdam, wo sie während
der letzten Monate engagirt war, am 2. Mai bei Marie
Seebach in Hamburg eingetroffen, hatte bis zum 10.
als Gast bei ihr geweilt und war dann nach Berlin
gereist, wo sie am Krollschen Theater Engagement ge—
funden hatte. „Sie sieht prächtig aus“, schreibt Marie
im Tagebuch, „ich komme mir wie ein Schatten neben
ihr vor. Sehr freut es mich, daß meine Mietze ein so
braves, unverdorbenes Gemüth ist — Gott erhaͤlle sie