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trugen mehr oder minder den Stempel geheiligter
Hünstlerschaft und strahlten Jahrzehnte in hellem Lichte
am Horizonte unseres Uunsthimmels; doch das
„Gretchen“ blieb der Solitär in dem Demantgeschmeide
unerreichten Könnens.“
Ausführlicher schildert Elise Polko in „Von Hhaus
zu Haus“, 1898, Nr. l, jene Münchener Muster—
vorstellung des „Faust“:
„Vor langen, langen Jahren war's, als ich in
München, eine ganz junge Frau, erregt und er—
wartungsvoll in der Coge des damaligen Bayerischen
Ministers von der Pfordten saß und hinter mir
Berthold Auerbach sagen hörte: „Acht geben, liebe kleine
Frau! Sie haben noch nie Größeres gesehen, als was
heute hier an Ihnen vorübergehen wird, und wie Sie
nun einmal sind, werden Sie gewiß nie den Namen
Marie Seebach vergessen! Ich freue mich für Sie!
Also Acht geben!“
„Das schöne, große Haus war bis zum letzten
Platz gefüllt, jede Rolle durch hervorragende Künstler
aus allen deutschen Canden besetzt. Und dennoch —
die Namen der Darsteller, die im Einzelnen wie im
Ganzen wunderbar wirkten in dem Rahmen der großen
Dichtung, sind meinem Gedächtniß entschwunden, jenes
unscheinbare Bürgermädchen aber, das dem glänzenden
Uavalier mit den kurz angebundenen Worten ent—
schlüpfte: „Bin weder Fräulein, weder schön“, mußte
eben unvergeßlich bleiben für Jeden, der den herz—
ergreifenden Ton dieser Sprechstimme je vernommen.
Alles Interesse konzentrirte sich in ihrer schlichten Er—