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Nacht ist mit keiner goldenen Glorie bekraͤnzt, aber es leuchtet und er—⸗
hellet ringgsum' das Dunkel. Bei dem Kampfe des heiligen Georg mit
dem Drachen — Dürer nennt ihn miles Christi — hatten die Maler
dieser Zeit die allegorische Deutung im Sinn und wollten die Anläufe
des Teufels darstellen und wie er, der stark in dem Herrn ist, mit dem
Harnisch Gottes, dem Schilde des Glaubens, dem Helm des Heils
und dem Schwert des Geistes den Feind bezwingt. Die Jungfrau, die
im Hintergrunde voller Schrecken für den Kämpfer betet, der Legende
nach eine Königstochter, stellt die gerettete Kirche dar. Luther, der
von dem Erfinder der Geschichte der heiligen Katharina meint, daß er
tief in der Hölle sitzen müsse, erklaͤrt die Darstellung des heiligen Chri—
stophorus für ein schön christlich Gedichte, um anzuzeigen, wie ein Christ
sein sollte. Er trägt mit sich Christum „durch das wüthende, wilde
Meer — die Welt, da die Wellen, da Tyrannen und Rotten sammt
allen Teufeln zu ihm einschlagen und ihn verfolgen, wollten ihn gern
um Leib und Leben, Gut und Ehre bringen: er aber haͤlt sich an einem
großen Baum, wie an einem Stecken, das ist an Gottes Wort. Jen⸗
seits des Meeres steht ein altes Maännlein mit einer Latern, darin ein
brennend Licht ist, das sind der Propheten Schrift, danach richtet er
sich und kömmt also unversehrt ans Ufer, da er sicher ist, das ist in
das ewige Leben.“
Der Höhenpunkt, den die kirchliche Malerei errungen, war auch der—
Endpunkt der katholischen Kunst. Immer mehr und mehr schwindet
nach der Reformazion die Kraft ihrer Bedeutung. Der Zwiespalt
zwischen dem Abgeschlossenen der Kirchlichkeit und der Erweiterung der
Begriffe gab sich auf bedenkliche Weise auch in der Kunst zu erkennen.
Wir vermissen die Andacht, wenn auf einem Bilde Giulio Roma—
no's über den Christusknaben, der in einem Metallbecken steht, sein
Gespiele Johannes einen Krug mit Wasser ausgießt, wodurch nichts