Path:
Volume Galilei und Rom

Full text: Berliner Kalender (Public Domain) Ausgabe 1854 (Public Domain)

146 
die Weltpole geglaubt. Copernicus bezeichnete, vorsichtig, seine 
Meinung nur als Hypothese, mit Recht, da viel dran fehlte, daß die— 
selbe vollständig begründet und namentlich hinsichtlich der Erscheinungen 
auf der Erde selbst alle Widersprüche gehoben gewesen wären, welche 
zu entfernen erst den spätern Zeiten der Naturwissenschaften gelang. 
Aber wie seine darauf gegründeten astronomischen Berechnungen bei der 
Kalenderverbesserung zu Ende des 16. Jahrhunderts in Rom selbst zu 
Grunde gelegt wurden, so sindet sich nicht, daß die Kirche gegen diese 
Ansicht Einspruch gethan hätte. Galileo'n konnte also schwerlich ein 
Vorwurf daraus gemacht werden, daß er, ohne in religiöser Hinsicht 
einen Anstoß zu vermuthen, bald nach seiner Ankunft in Florenz seine 
Hinneigung zur Copernikanischen Meinung als Resultat seiner Himmels⸗ 
beobachtungen kundgab. 
Aber die Verfolgung blieb nicht aus. 
Es war das Jahr 1615. Ein Dominikaner, der Pater Caceini, 
war einer der ersten Ankläger. Von der Kanzel herab predigte er: sein 
Text waren die Worte des ersten Kapitels der ApostelgeschichteIhr 
Maͤnner Galiläa's, was stehet ihr hier und schauet gen Himmel?“ 
(Viri Galilæi, quid statis aspicientes in cælum.) Der Dominikaner⸗ 
general Maraffi entschuldigte sich bei Galileo wegen des „Scandals 
und Unsinns“ — „zu meinem Unglück, schrieb er, soll ich für alle 
Dummheiten stehn, welche dreißig- bis vierzigtausend Mönche anstiften.“ 
Doch es blieb nicht dabei, und als Galileo in einem Schreiben an 
Monsignor Dini seine Ansicht näher erläuterte und in einer langen 
Abhandlung, in Form eines Schreibens an die verwittwete Großher⸗ 
zogin von Toscana, Christine von Lothringen, auch die theologische 
Seite in Betracht zog, wurde er in Rom foͤrmlich verklagt. Man hatte 
dort zu Anfang einen so verstaäͤndigen wie gemäßigten Mittelweg einge— 
schlagen. Dini schrieb auf Veranlassung des Cardinals Robert 
Bellarmin, damals die erste Autorität in kirchlichen Dingen: wenn 
Galileo diese Frage nur vom mathematischen Standpunkie aus behandle,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.