setzung geschrieben. Eine Fortsetzung? Kann man ein Drama über⸗
haupt fortsetzen? Ein Drama schließt, weil es zu Ende ist. Wie
kann man das Beendete weiterführen? Gewiß, es gibt Trilogien,
Tetralogien sogar. Um das gewaltige Geschichtsbild der Wallen—
stein-Tragödie aufzurollen, sind drei Dramen nötig gewesen. Vier
Dramen hat Wagner gebraucht, um die Nibelungensage zu ge—
stalten, um das ungeheure Trauerspiel von den Göttern zu ent—
wickeln, die schuldig werden und aus ihrem Himmel stürzen. Die
Wolffen, die einen Biberpelz stiehlt, wird auch schuldig. Aber zur
dichterischen Behandlung dieser Schuld ist keine Tetralogie von—
nöten. Niemand, selbst nicht der glühendste Hauptmann-Enthusiast,
wird finden, daß die vier Akte des „Biberpelz“ nicht ausreichen.
Der Stoff genügt kaum, um diese vier Akte zu füllen. Und jetzt
soll noch eine Fortsetzung sich daran schließen? Was soll fortgesetzt
werden an einem Drama, in dem die Wolffen einen Biberpelz
stiehlt und der Amtsvorsteher so dumm ist, daß er es nicht merkt?
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vorsteher abermals dumm sein? Wo, um des Himmels willen, liegt
da das Bedürfnis, die Möglichkeit einer Fortsetzung?
Und wir sahen den „Roten Hahn“. Und es zeigte sich, daß
die Wolffen nicht noch einen Biberpelz stiehlt. Nein, es wird viel
origineller. Die Wolffen stiehlt nicht, sondern sie zundet an. Sie
zündet ihr Haus an, um in den Besitz der Versicherungsprämie
von 7000 Mark zu gelangen. Sie entwickelt sich sozusagen pfycho—
logisch vom Diebstahl zur Brandstiftung. Es ist nicht nur eine
Fortsetzung, es ist ein Aufsteigen von Drama zu Drama. Und
abermals will der Amtsvorsteher an die Schuld der Wolffen nicht
zlauben. Die Wolffen aber stirbt im vierten Akt. Das ift wieder
eine Neuerung. Im vierten Akt des „Biberpelz“ ist sie nicht ge—
storben. Und es ist nur zu bedauern, daß der Tod der Wolffen
im vierten Akt des „Roten Hahn“ eine weitere Fortsetzung der
interessanten Dramenreihe unmöglich macht. Allerdings, der Amts⸗
vorsteher ist noch lebendig. Es bleibt also immerhin die Hoffnung,
daß Gerhart Hauptmann uns eines Tages eine Fortsetzung des
„Roten Hahn“ schenken wird, ein drittes Lustspiel, in dem wir
den Amtsvorsteher sterben sehen.
Der „Rote Hahn“ ist nicht eine Fortsetzung des „Biber—
pelz“, sondern eine Wiederholung. Die Frau Wolff, die im
„Biberpelz“ einen Diebstahl begeht, verübt, wie gesagt, im „Roten
Hahn“ eine Brandstiftung. Und nun spielt sich im zweiten Drama
genau dasselbe ab wie im ersten: Der Amtsvorsteher sieht die
Schuld der Frau Wolff nicht, obwohl sie klar zutage liegt. Wieder
gibt es eine Scene in der Amtsstube, wie im „Viberpelz“. Wieder
glaubt der Amtsvorsteher den Belastungszeugen nicht, weil sie
Demokraten sind. Wieder hält er, allen in die Augen springenden
Indizien zum Trotz, die Frau Wolff (die jetzt, nachdem sie einen
zweiten Mann genommen hat, Frau dielitz heißt) für eine ehr—