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stand, und legte ihm eine Portion vor, von der drei
Hungernde sich hätten sättigen können. Seine Frau
flüsterte ihm zu, daß solche Ueberfüllung dem Magen
schaden könne.
„Ach was, Mariechen,“ meinte aber Herr Bullermann
abweisend, „das verstehen wir besser wie die Herren
Pflasterschmierer. Nicht wahr, Wilhelm? Immer eß du
man, und dann legst du dich hin und schläfst, und wenn
du ausgeschlafen hast, dann wird dir wohl besser sein.
Und wenn du morgen noch nicht ins Zeug kannst, dann
kann ich auch bis übermorgen warten.“
Wilhelm Recknagel glaubte in diesem Falle Herrn
Bullermann mehr respektieren zu müssen als Frau Buller—
mann; er aß erstaunlich viel, und dann ließ er sich von
Herrn Bullermann in die Kammer führen, die er künftig
bewohnen sollte, und schlief bis weit in den nächsten Tag
hinein. Die Ueberfüllung des Magens hatte ihm nicht
geschadet.
August Bullermann aber setzte sich neben seine Frau,
nachdem er Recknagel auf seine Kammer gebracht hatte,
legte seinen Arm um ihre Schulter und sagte schmunzelnd:
„Nun, Mariechen, wie gefällt er dir?“
„Der arme Mensch,“ sagte Frau Bullermann. „Es
scheint ihm ja schlecht gegangen zu sein, aber er hal so
was Manierliches an sich. Wo hast du ihn hergeholt?“
„Sieh mal, Mariechen, wir haben nun lange nichts
Gutes erlebt an den Kerls, die wir hatten,“ sagte Herr
Bullermann mit weiser Miene, „und da dachte ich mir,
du wirst mal die Zimmerstraße lang fahren, und wenn
du da vor dem Intelligenzblatt einen findest, der recht
verhungert aussieht, den wirst du nehmen, weil der dann
eine gute Lehre hinter sich hat und nicht so schnell wieder
Mucken kriegen wird. Und da stand der Wilhelm, der
sah so verhungert aus, als ob er umfallen wollte, und
wenn ich ihn mir nicht vom Bock heruntergelangt hätte,
wäre er mir unter den Wagen gefallen. Das ist dein
Mann, dachte ich, und da nahm ich ihn mit. Nachher
hat es mir aber leid gethan.“