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Die Firma Heydebrand & Sohn

Full text: Neu-Berlin / Szczepanski, Paul von (Public Domain)

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dem Verhungern zu fürchten, wenn Sie auch Ihre Stelle 
verloren hatten, und es war eine Sünde von Ihnen. 
was Sie hier vorhatten.“ 
Der Kutscher Wendelin nickte mit dem Kopfe. 
„Vor dem Verhungern fürchtet man sich nicht mit 
solchen Armen, Herr Heydebrand. Es nimmt einen zwar 
nicht jeder, wenn man nach dreißig Jahren Knall und Fall 
entlassen wird und alt geworden ist. Aber die Desperation, 
wenn einem so etwas passiert, die Desperation kann einen 
schon auf schlechte Gedanken bringen. Unserreins hat auch 
seine Ehre, Herr Hehdebrand, das können Sie glauben.“ 
Herr Heydebrand hatte währenddessen den auf der 
Erde liegenden Strick aufgehoben und mühte sich, ihn 
in die Tasche seines Ueberziehers zu stecken. 
„Wenn Sie ihn als corpus delicti, wie man das 
nennt, mit auf die Polizei nehmen wollen, dann kann 
ich ihn auch wohl selber tragen,“ sagte Wendelin. 
Aber Herr Heydebrand streckte dem Alten die Hand ent— 
gegen. In seinem Innern hatten Gutes und Schlechtes 
miteinander gerungen, und das Gute hatte den Sieg davon— 
getragen. 
„Lassen wir die Polizei in Ruhe,“ sagte Herr Heyde— 
brand, „wir haben ja gesehen, daß wir auch ohne die 
miteinander fertig werden. Wir brauchen ja auch über 
unsre Begegnung nicht mehr miteinander und zu andern 
zu reden; aber den Strick müssen Sie mir schenken, 
Wendelin, ich möchte mir daraus einen Klingelzug über 
meinem Schreibtisch im Comptoir machen lassen. Und heute 
mittag treten Sie wieder Ihren alten Posten an; ich 
werde Sie dann wieder einmal im Stalle aufsuchen.“ 
Der Kutscher Wendelin schlug in die dargebotene 
Rechte ein, und in den Zügen beider Männer aͤrbeitete 
ein seltsames Zucken. Als sie sich trennten, hatte sich die 
rote Wintersonne durch die Morgennebel hindurchgearbeitet 
— die neue Sonne, unter der die Firma Heyde— 
brand K Sohn einen fröhlichen Aufschwung nahm. Der 
Chef, Herr Hugo Heydebrand, war ein Maͤnn geworden! 
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