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Sein Sohn

Full text: Neu-Berlin / Szczepanski, Paul von (Public Domain)

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Chef sehr logisch antwortete, daß er in der Wasserleitung 
keinen Rheinlachs angeln könne. Da öffnete sich die kleine 
Thür, welche aus dem Büffettraum nach dem Souterrain 
führte und durch endlose Kellerräume eine zweite Ver— 
bindung der Festsäle mit den Vorderräumen herstellte, so 
daß man an das Büffett gelangen konnte, ohne von den 
Gästen gesehen zu werden, und Frau Bühler trat herein 
in nachlässiger Haustoilette und mit allen Zeichen einer 
großen Angst auf ihrem hübschen Gesicht. „Der kleine 
Otto ist krank, seit einer Stunde,“ sagte sie hastig, und 
als Herr Bühler sie noch immer ein wenig ungehalten 
anschaute, fügte sie aufschluchzend hinzu: „Der Arzt 
ist bei ihm; er sagt, es sei Diphtheritis und Gefahr im 
Verzuge.“ 
Da vergaß Herr Bühler, daß der Rheinlachs zu knapp 
geraten war; er dachte nicht einmal daran, dem Ober— 
kellner Weisungen für seine Vertretung zu erteilen, er 
eilte die kleine Hintertreppe hinunter und durch die lange 
Kellerflucht, daß er Gefahr lief, sich in den schlecht er— 
leuchteten Gängen den Hals zu brechen, und seine Frau 
ihm kaum zu folgen vermochte. Und als Herr Buͤhler 
rasch und geräuschvoll in das Kinderzimmer trat, in das 
er sonst um diese Stunde so häufig auf den Fußspitzen 
geschlichen war, um die Atemzüge seines schlafenden Lieb— 
lings zu belauschen, als ihm aus dem kleinen Bettchen 
ein schreckliches Röcheln entgegentönte, und als er die ver— 
zerrten Züge und die verglasten Augen seines Sohnes 
sah, da stürzte Herr Bühler an dem Bett seines Kindes 
nieder, als ob ihn ein Schlag vor den Kopf getroffen 
habe, und ein herzzerreißender Schrei entrang sich seinen 
Lippen: „Mein Sohn!“ 
Der alte Arzt, welcher an dem Bette des Kranken 
stand, hatte derlei Scenen wohl häufig gesehen. Er rüt— 
telte Herrn Bühler derb an der Schulter. „Das nützt 
hier nichts, Herr Direktor. Wenn der Kleine gerettet 
werden soll, muß er sofort nach Bethanien, und je eher 
der Luftschnitt gemacht wird, desto größer ist die Hoff— 
nung, ihn durchzubringen.“ Der Arzt hatte das Rechte
	        
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