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Sein Sohn

Full text: Neu-Berlin / Szczepanski, Paul von (Public Domain)

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noch mehr ein, wo er ihr doch hätte helfen müssen, sich 
in die neuen Verhältnisse hineinzufinden. 
Es sah unerquicklich genug in dem Innern des 
Herrn Otto Bühler aus, und die ihn beneideten, dachten 
nur an das Glänzende seiner Lebensstellung. Er begann 
seine Frau als eine Last zu empfinden und machte sich 
Vorwürfe darüber, daß er sich vorschnell gebunden, ehe 
er noch auf dem, wie er meinte, ihm zukommenden Platze 
gestanden, der ihm freistellte, nicht nur der Stimme seines 
Herzens zu folgen, sondern auch Vernunftgründe sprechen 
zu lassen. Er vergaß, daß er bei keiner andern Frau 
die selbstlose, hingebende Liebe gefunden haben würde, 
mit der sein Weib an ihm hing, und daß ein Mädchen 
aus guter Familie und mit Vermögen auch Ansprüche 
mitgebracht haben würde, die beides aufgewogen hätten. 
Eine Art Cäsarenwahnsinn ergriff Herrn Otto Bühler, 
trotzdem er auf keinem Kaiserthrone saß, und wenn er 
von dem Balkon seines Hotels mit dem blinkenden ver— 
goldeten Gitter über den Platz hinüberblickte, der all— 
gemach durch Neubauten ein stattliches Ansehen erhielt 
und dem der die Königstraße in kühnem Bogen über— 
brückende Viadukt der Stadtbahn einen pittoresken Ab— 
schluß gab, dann meinte der Direktor des Grand Hotel 
fast nichts anders, als daß dieses ganze, große neue Berlin 
nur entstanden sei, um für ihn den ihm gebührenden 
Platz zu schaffen. Für ihn, Otto Bühler, und seinen 
Sohn! Denn an ihm, an diesem kleinen, zappelnden 
Burschen, der über die ersten Gehversuche noch nicht 
hinausgekommen war und der Beweise von Intelligenz 
nur gegeben hatte, indem er sich bemühte, „Papa“ und 
„Mama“ zu lallen, hing er mit aller seiner Liebesfähig— 
keit. Seine Frau, meinte Herr Otto Bühler, hindere 
ihn, ganz die Stellung in der Welt und der Gesellschaft 
einzunehmen, die ihm gebühre, aber sein Sohn solle 
emporsteigen wie ein glänzendes Meteor, frei von all dem 
Zwange, der seine eigne Jugend eingeengt, und durch 
den Sohn meinte er selbst zu doppelten Ehren zu kommen. 
Er hatte kein Liebeswort mehr für seine Frau, aber aus
	        
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