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So zweifelhaft und hintergruͤndig Liesegangs
Empfindungen gegen Sorn seit einiger Zeit auch
sein mochten, so suchte er doch oͤfter, als es in der
letzten Vergangenheit der Fall gewesen, seine Ge—
sellschaft.
Vielleicht in dem dunklen Beduͤrfnis, dieses
wechselnde Durcheinander seiner freundschaftlichen
Neigungen und seiner neuerdings erwachenden Anti⸗
pathieen zu irgend einer Klarheit reifen zu lassen;
vor allem aber auch, um so oft wie nur moͤglich
in Olgas Naͤhe zu sein und ihr seine Gegenwart
vertrauter und vertrauter werden zu lassen.
Durch seine Gewohnheit zu reflektieren hatte
er sich naͤmlich zu so einer Art von ruͤcksichts losem
Ubermenschentum gebracht, das seiner wahren und
innersten Natur eigentlich wohl nicht recht lag, das
er aber mit allen Kraͤften seines Willens zu festigen
beflissen war.
Denn er hielt es fuͤr die einzig moͤgliche Rettung
aus diesen verfaͤnglichen Gedankenzirkeln, in die er
sich mehr und mehr verstrickte, und uͤber die ihn
sonst kein bestimmter, auf irgend einer triebsicheren
Neigung beruhender Thaͤtigkeitsdrang mehr hinaus⸗
heben wollte.
Ein uͤbermenschentum, dessen einziges Seilig⸗
tum diese von Tag zu Tag sich steigernde Leidenschaft
zu Olga; ein uͤbermenschentum, so halb und halb
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