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Aus dem Ofenwinkel kamen allerlei gurgelnde und
schmatzende Laute. Da saß die Tante Jakobine über dem
Inhalt von Fräulein Wittchens Samariterkorbe. Fräulein
Wittchen suchte hinter ihrem weißen Taschentuch ihre Thränen
zu verbergen und ihr Schluchzen zu ersticken, und der Kranke
lachte plötzlich ganz laut:
„Halt Dich fest auf dem Affen, Junge! Haben die
Racker wiederum die Brücke ruinirt! Halt feste, Gerhardchen,
und verliere mir das Latein nicht; das Brett trägt nicht
und es geht 'n bißchen tief durch den Bach. He, he, so
schleppt man sich im zehnten Armeekorps! und die schwarzen
afrikanischen Schlingel wollten uns zu Anfang des Ver—
gnügens mit ihrem Kater auf dem Tornister imponiren!
Kerls, nicht die theure Munition verplempert! Siehste,
Kleiner, bis Orleans hinein muß sie noch reichen, daß wir
Schiller und seine Jungfrau auch einmal an der Quelle
kennen lernen. Seine Werke möchtest Du haben? Na,
wollen mal sehen, was unser Studirfonds zu Weihnachten
abwirft; wollen den Herrn Baumeister Hamelmann fragen,
wie unsere Aussichten im hiesigen Baugewerbe fürs nächste
Frühjahr stehen.“
Es fährt wohl Jeder auf, der seinen Namen in den
Träumen eines Schwer-Fieberkranken vorkommen hört, wenn
er ihm einen mitleidigen Abendbesuch abstattet. Auch der
Herr Baumeister that es, aber mit einem doch außer—
gewöhnlichen Erschrecken und Zusammenfahren wegen des
Anrufs, und er griff auch dabei hastig und mit einigem
Zittern die Hand des jüngeren der Gebrüder Amelung und
stotterte:
„Es ist richtig; aber ich wollte, Gerhard, ich könnte
euch doch mehr sagen, als daß ihr wißt, wo ich wohne!“
„Keinen Schritt kommt man voran ohne die Pioniere!“
stöhnte der ältere Amelung angsthaft. „Wieder die bloßen
Mauerpfeiler im Wasser. Vorwärts, rasch, Zimmerlinge —