Path:
Siebzehntes Kapitel

Full text: Alltagsleute / Meyer-Förster, Wilhelm (Public Domain)

— 
185 
Brief voll Liebe und Freude, der auch beantwortet 
wurde. Zu der Hochzeit wurde sie eingeladen, 
nicht aber ihr Mann. Sie zerriß die Karte und 
sagte Richard nichts davon. 
Allmählich wurde Frau Ohnesorge Klaras 
Freundin. Sie drängte sich ihr auf, und ganz 
langsam wurde sie Klara unentbehrlich. Die grenzen— 
lose Einsamkeit war nicht zu ertragen, und Frau 
Ohnesorge hatte eine nette Manier, die Leute zu 
unterhalten. Sie hatte vier Zimmer zu vermieten, 
in denen Studenten wohnten. War Semester, so 
lebte sie in dulci jubilo; waren Ferien, so mußte sie 
krumm liegen und verwünschte dann alle Universi— 
täten, Studenten und was damit zusammenhängt. 
Da sie dieses schwankende Geschäft schon seit zwanzig 
Jahren betrieb, war sie mit der Studentenschaft 
und deren Gebräuchen vertraut und hatte eine 
Zeitlang den großen Plan, einen bürgerlichen 
Mittagstisch einzurichten. Sie besuchte häufig das 
Theater und redete sich merkwürdigerweise ein, 
einer ziemlich hohen Bildungsstufe anzugehören. 
Klara gefiel ihr, und als sie hörte, daß die junge 
Frau eine Geheimratstochter und mit den berühm— 
testen Leuten verwandt sei, tat sie alle ihre bis— 
herigen Freundinnen in den Bann und schloß sich 
ganz an Klara. Sie ging mit ihr in die Markt— 
halle, zeigte ihr die Behandlung der Wäsche und 
W. Meyer-Förster, Alltagsleute 24
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.