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Sinnlichkeit, Askese, Kunst

Full text: Berliner Kämpfe / Schlaikjer, Erich (Public Domain)

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der Sinne giebt. Der Versucher spricht in diesem 
Fall: „Chue alles ab, was vergänglich ist. Weise 
die Freuden der Welt von Dir und entscheide Dich 
für die dauernden Freuden der geistigen Arbeit. 
Caß fahren, was Du als nichtis erkannt hast und 
verhilf Deiner geistigen Natur zu vollem Durch— 
bruch und zu vollem Sieg. Erringe um diesen 
Preis den Frieden der weltentfernten Ulosterzelle, 
der wohl streng und hart, immer aber doch ein 
Zustand des Friedens ist.“ Gewiß, man muß 
eine vornehme Natur sein, um diese Versuchung 
an sich zu erfahren. Nichtsdestoweniger aber bleibt 
es eine Versuchung und ihr nachgeben heißt — 
menschlich gesehen — fallen. 
Der Fall vor der Sinnlichkeit ist allgemeiner 
und wird daher im allgemeinen Bewußtsein stärker 
als Fall empfunden. Schließlich aber kommt es 
auf eins heraus, ob man die sinnliche oder geistige 
Natur unterjocht. In beiden Fällen tritt der 
siegende Teil eine Alleinherrschaft an, die sich bald 
zu einer Schreckensherrschaft entwickelt, und es ist 
ein gedankenloses Vorurteil, daß die Tyrannei der 
geistigen Natur weniger peinliche Folgen habe, 
als die der sinnlichen. Wer die Sinnlichkeit will, 
und nur die Sinnlichkeit, wird — wie wir sahen 
— schließlich auch darum betrogen. Wer seine 
geistige Natur schrankenlos herrschen läßt, wird 
schließlich auch um die geistige Kultur betrogen. 
Ich berufe mich dafür auf Schiller. In einer 
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