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genoß das Ceben. Das Lebenl! Die Sinnlichkeit
ist eine gewandte Schmeichlerin. Sie liebt es, ihr
Leben für „das“ Ceben auszugeben. Professor
Kubeck mußte teuer büßen, daß er ihr glaubte.
Eins zugegeben: die Freuden der Sinnlichkeit
sind Freuden; aber sie haben die Tendenz, die
Alleinherrschaft an sich zu reißen und werden dann
zrausame peinigende Tyrannen. Die vielen, all⸗
zuvielen, die an der ZSeitkrankheit der Decadence
tragen, wissen davon zu erzählen. Die Sinnlich—⸗
keit erschöpft sich schließlich und dann wird alles
welk und staubig — wie Ballblumen am anderen
Tage. Wer die Sinnlichkeit will, und nur die
Sinnlichkeit, wird schließlich auch darum betrogen.
Die Kraft des Genusses erlahmt, und schließlich
kommt ein Augenblick, in dem auch der ver—⸗
wegenste Reiz die schlummernde Begierde nicht
mehr zu wecken vermag. Dann ist es aus und
der Betrug am Tage.
Was also nun? Soll man seine geistige
Natur ausleben und die sinnliche verachten? Die
flüchtigen Freuden der Sinnlichkeit sind in ihrer
Nichtigkeit leicht zu erkennen, und so hat man es
auch zur Verachtung nicht weit. Damit ist indessen
kein Schritt zu einem vollen Leben gethan. Ich
will nur daran erinnern, daß wir ohne Sinnlich—
keit nicht einmal das Vergnügen haben würden,
ihre Verächter unter uns zu sehen. Es giebt eine
Versuchung des Geistes, wie es eine Versuchung