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Sinnlichkeit, Askese, Kunst

Full text: Berliner Kämpfe / Schlaikjer, Erich (Public Domain)

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genoß das Ceben. Das Lebenl! Die Sinnlichkeit 
ist eine gewandte Schmeichlerin. Sie liebt es, ihr 
Leben für „das“ Ceben auszugeben. Professor 
Kubeck mußte teuer büßen, daß er ihr glaubte. 
Eins zugegeben: die Freuden der Sinnlichkeit 
sind Freuden; aber sie haben die Tendenz, die 
Alleinherrschaft an sich zu reißen und werden dann 
zrausame peinigende Tyrannen. Die vielen, all⸗ 
zuvielen, die an der ZSeitkrankheit der Decadence 
tragen, wissen davon zu erzählen. Die Sinnlich—⸗ 
keit erschöpft sich schließlich und dann wird alles 
welk und staubig — wie Ballblumen am anderen 
Tage. Wer die Sinnlichkeit will, und nur die 
Sinnlichkeit, wird schließlich auch darum betrogen. 
Die Kraft des Genusses erlahmt, und schließlich 
kommt ein Augenblick, in dem auch der ver—⸗ 
wegenste Reiz die schlummernde Begierde nicht 
mehr zu wecken vermag. Dann ist es aus und 
der Betrug am Tage. 
Was also nun? Soll man seine geistige 
Natur ausleben und die sinnliche verachten? Die 
flüchtigen Freuden der Sinnlichkeit sind in ihrer 
Nichtigkeit leicht zu erkennen, und so hat man es 
auch zur Verachtung nicht weit. Damit ist indessen 
kein Schritt zu einem vollen Leben gethan. Ich 
will nur daran erinnern, daß wir ohne Sinnlich— 
keit nicht einmal das Vergnügen haben würden, 
ihre Verächter unter uns zu sehen. Es giebt eine 
Versuchung des Geistes, wie es eine Versuchung
	        
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