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historischen Gesetzen untersteht, die allen Sterblichen
gemein sind. Das mag heute eine unscheinbare
Erkenntnis sein, weil sie Gemeingut so vieler
geworden ist, aber es schlummern in ihr schwer⸗
wiegende ästhetische Folgen. Die Dichter, die die
historischen Persönlichkeiten im Heroensinne nahmen,
mußten im Menschen den Helden suchen. Sie
mußten den Charakter, der ihr Vorwurf war,
wachsen lassen, — so riesenhaft wachsen lassen,
daß er den Sterblichen entschwand. Oder sie
mußten ihn zu einer „verkörperten Idee“ erfrieren
lassen, wobei er dann wiederum als Mensch starb
und den Sterblichen im Parkett fremd wurde.
Dabei entstanden dann jene pompösen Helden, die
sozusagen immer mit ihrem Lorbeerkranz spazieren
gehen und auch dann in historischer Größe die
Stimme rollen lassen, wenn sie mit ihrer Frau auf
einige Stunden allein sind. Oder es entstanden jene
eiskalten Typen, denen einer Idee zu Liebe das Blut
abgezapft worden war, und die uns dann in ihrer
Starrheit erschreckten. In diesem Stil ist heute
kein Drama mehr zu schreiben. Die gestenreichen
Helden ergreifen uns nicht, weil wir wissen, daß
die Welt nicht von Gesten — und wären sie noch
so pompös — bewegt wird. Die kalten Abstrak⸗
tionen bleiben uns fremd, wie Geschichte, die auf
eisige Formeln reduziert wurde, während wir
CLeben und Kampf und Wunden schauen wollen.
Der moderne Dichter, der den Helden im Zusammen⸗