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Achtes Capitel. Heinrich von Kleist als Autor in den Abendblättern

Full text: Heinrich von Kleist's Berliner Kämpfe / Steig, Reinhold (Public Domain)

584 Achtes Capitel. & 
ich mir in zahllosen Fällen notirt. Es würde zwecklos sein, 
diese massenhaften Nachweise hier schon auszubreiten; ich muß 
das auf eine andre Gelegenheit versparen. Die vier obigen 
Stücke aber sind mir in keiner Zeitung von damals begegnet. 
Sie fehlen noch, bis auf eins, den Schriften Kleist's. 
Beispiel einer unerhörten Mordbrennerei. 
Als vor einiger Zeit die Gegend von Berlin von jener berüchtigten 
Mordbrennerbande heimgesucht ward, war jedem Gemüthe, das Ehrfurcht 
vor göttlicher und menschlicher Ordnung hat, die entsetzliche Barbarei 
dieser Gräuel unbegreiflich; und doch war es noch wenigstens nur, um zu 
stehlen. Was wird man nun zu einem Rechtsfall sagen, der im Jahr 
1808 bei dem Kriminalgericht zu Rouen Statt hatte? Daselbst ward die 
Todesstrafe, der Mordbrennerei wegen, über einen Mann verhängt, der 
bis in sein 60stes Jahr für einen rechtschaffenen Mann gegolten und 
der Achtung aller seiner Mitbürger genossen hatte. Johann Mauconduit, 
Bauer zu Hattenville, war sein Name. Von bloßem Vergnügen an Mord⸗ 
brennerei geleitet, hatte er, seit längerer Zeit, hie und da Gebäude in 
Brand gesteckt, ohne daß es jemand einfiel, ihn deshalb als den Thäter 
anzusehn. Er hatte eine eigene Maschine erfunden, die sich vermittelst 
einer Batterie entzundete, und warf sie auf die Häuser, denen er den Brand 
zugedacht hatte. Innerhalb 8 Monaten hatte er nicht weniger als zehn⸗ 
mal dieses Verbrechen begangen, und zuletzt seine eigene Wohnung in 
Brand gesteckt: er wußte wohl, daß der Besitzer des Grundstücks ver⸗ 
pflichtet war, ihm eine neue zu bauen. Aber da fand man in einem 
seiner Schränke dergleichen Zündmaschinen, wie man schon öfters, in 
Fällen, wo sie nicht losgebrannt waren, auf den Dächern der Häuser 
gefunden hatte; und so klärten sich eine Menge anderer Zeugnisse gegen 
ihn auf, so, daß er sich endlich zu alle den Feuersbruͤnsten als Urheber 
angeben mußte, welche in seiner Nachbarschaft vorgefallen waren. 
Das Schriftstück ist also, ähnlich wie die „Werther““ 
Geschichte, aus Anlaß der Berliner Localereignisse, von denen 
so oft in den Abendblättern die Rede war, und die auch 
Brentano in seinem Gedichte benutzte (oben S. 438), verfaßt 
worden. Ein Berliner hat es für Berliner geschrieben. Daß 
Kleist es war, bewähre folgende Beobachtung. Der Verfasser
	        
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