3Militãrischer Neujahrs wunsch. S 57 9
Sw. Hochwohlgeboren bei dem jetzigen Jahreswechsel von der Unver⸗
besserlichkeit meiner, Ihnen gewidmeten Ergebenheit bereitwilligst und
dienstbeflifsentlichst zu versichern und zu überzeugen und dabei meinem
Hochgeehrten Herrn Hauptmann ein ganzes Arsenal voll aller zur Glück⸗
seligkeit des menschlichen Lebens erforderlichen Bedürfnisse anzuwünschen.
D Es müsse meinem Hochgeehrtesten Herrn Hauptmann weder an Pulver
der edlen Gesundheit, noch an den Kugeln eines immerwährenden Ver⸗
mügens, weder an Bomben der Zufriedenheit, weder an Carecassen der
Gemüthsruhe, noch an der Lunte eines langen Lebens ermangeln. Es
müssen die Feinde unsrer Ruhe, die Pandurenmäßigen Sorgen, sich
nimmer der Citadelle Ihres Herzens nähern; ja, es müsse ihnen gelingen,
die Trancheen ihrer Kränkungen vor der Redoute Ihrer Lustempfindungen
u öffnen. Das Glacis Ihres Wohlergehns sei bis in das späteste Alter
mit den Pallisaden des Seegens verwahrt, und die Sturmleitern des
Lummers müssen vergebens an das Ravelin Ihrer Freude gelegt werden.
s8 müssen Ew. Hochwohlgeboren alle, bei dem beschwerlichen Marsch
dieses Lebens vorkommende, Defilsen ohne Verlust und Schaden passiren,
und fehle es zu keiner Zeit, weder der Cavallerie Ihrer Wünsche, noch
der Infanterie Ihrer Hoffnungen, noch der reitenden Artillerie Ihrer
Projecte an dem Proviant und den Munitionen eines glücklichen Erfolgs.
nebrigens ermangle ich auch nicht, das Gewehr meiner mit scharfen
Patronen geladenen Dankbarkeit zu der Salve Ihres gutigen Wohl⸗
wollens loszuschießen, und mit ganzen Pelotons der Erkenntlichkeit durch
chargiren. Ich verabscheue die Handgriffe der Falschheit, ich mache
en Pfanndeckel der Verstellung ab, und dringe mit aufgepflanztem Bajonet
meiner ergebensten Vitle in des Bataillon Tuarrs Ihrer Freundschaft ein,
bin dieselbe zu foreiren, daß sie mir den Wahlplatz Ihrer Gewogenheit
werlahen müsse, wo ich mich zu mainteniren suchen werde, bis die un—
nrenliche Mine des Todes ihren Sffeet thut, und mmich, nicht in die
drs sprengen, wohl aber in die dunkle Casematte des Grabes einquar—
ren wird. Bis vahin verharre ich meines
Hochzuehrenden Herrn Hauptmanns
respektmäßiger Diener N. N.
Die Sprache, die Kleist absichtlich in das Ungewöhnliche
bersetzt, ist mit der größten Sorgfalt durchgearbeitet. Sie tritt
nirgends, in Nachbildung der von Kleist gerühmten Shake—
speareschen Eigenschaft, aus der Sphäre eines Feuerwerkers
heraus. Man kamndie— Spiel der Dinge und Worte, in
geringerem Umfange, schon im Gebet des Zoroaster beobachten.