Path:
Achtes Capitel. Heinrich von Kleist als Autor in den Abendblättern

Full text: Heinrich von Kleist's Berliner Kämpfe / Steig, Reinhold (Public Domain)

3Militãrischer Neujahrs wunsch. S 57 9 
Sw. Hochwohlgeboren bei dem jetzigen Jahreswechsel von der Unver⸗ 
besserlichkeit meiner, Ihnen gewidmeten Ergebenheit bereitwilligst und 
dienstbeflifsentlichst zu versichern und zu überzeugen und dabei meinem 
Hochgeehrten Herrn Hauptmann ein ganzes Arsenal voll aller zur Glück⸗ 
seligkeit des menschlichen Lebens erforderlichen Bedürfnisse anzuwünschen. 
D Es müsse meinem Hochgeehrtesten Herrn Hauptmann weder an Pulver 
der edlen Gesundheit, noch an den Kugeln eines immerwährenden Ver⸗ 
mügens, weder an Bomben der Zufriedenheit, weder an Carecassen der 
Gemüthsruhe, noch an der Lunte eines langen Lebens ermangeln. Es 
müssen die Feinde unsrer Ruhe, die Pandurenmäßigen Sorgen, sich 
nimmer der Citadelle Ihres Herzens nähern; ja, es müsse ihnen gelingen, 
die Trancheen ihrer Kränkungen vor der Redoute Ihrer Lustempfindungen 
u öffnen. Das Glacis Ihres Wohlergehns sei bis in das späteste Alter 
mit den Pallisaden des Seegens verwahrt, und die Sturmleitern des 
Lummers müssen vergebens an das Ravelin Ihrer Freude gelegt werden. 
s8 müssen Ew. Hochwohlgeboren alle, bei dem beschwerlichen Marsch 
dieses Lebens vorkommende, Defilsen ohne Verlust und Schaden passiren, 
und fehle es zu keiner Zeit, weder der Cavallerie Ihrer Wünsche, noch 
der Infanterie Ihrer Hoffnungen, noch der reitenden Artillerie Ihrer 
Projecte an dem Proviant und den Munitionen eines glücklichen Erfolgs. 
nebrigens ermangle ich auch nicht, das Gewehr meiner mit scharfen 
Patronen geladenen Dankbarkeit zu der Salve Ihres gutigen Wohl⸗ 
wollens loszuschießen, und mit ganzen Pelotons der Erkenntlichkeit durch 
chargiren. Ich verabscheue die Handgriffe der Falschheit, ich mache 
en Pfanndeckel der Verstellung ab, und dringe mit aufgepflanztem Bajonet 
meiner ergebensten Vitle in des Bataillon Tuarrs Ihrer Freundschaft ein, 
bin dieselbe zu foreiren, daß sie mir den Wahlplatz Ihrer Gewogenheit 
werlahen müsse, wo ich mich zu mainteniren suchen werde, bis die un— 
nrenliche Mine des Todes ihren Sffeet thut, und mmich, nicht in die 
drs sprengen, wohl aber in die dunkle Casematte des Grabes einquar— 
ren wird. Bis vahin verharre ich meines 
Hochzuehrenden Herrn Hauptmanns 
respektmäßiger Diener N. N. 
Die Sprache, die Kleist absichtlich in das Ungewöhnliche 
bersetzt, ist mit der größten Sorgfalt durchgearbeitet. Sie tritt 
nirgends, in Nachbildung der von Kleist gerühmten Shake— 
speareschen Eigenschaft, aus der Sphäre eines Feuerwerkers 
heraus. Man kamndie— Spiel der Dinge und Worte, in 
geringerem Umfange, schon im Gebet des Zoroaster beobachten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.