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VDrittes Capitel.
u. s. w. mit lebhaftem, fast ausschweifendem Beifall“ gegeben
worden sei, und wofür die Direction den lebhaftesten Dank
verdiene. Also die Abendblätter-Parthei wünschte die Auf—
führung der Schweizerfamilie, aber sie brachte zugleich ihre
Forderung vor, indem sie sich so stellte, als sei sie nicht voll⸗
ständig informirt: „Wie nun die Rolle der Emmeline (von
welcher, als der Hauptfigur, das ganze Glück dieses Stückes
abhängt) besetzt werden wird, und ob sie der Mille Schmalz,
wegen des Umfangs und der Gediegenheit ihrer Stimme —
wegen Uebung und Gewandtheit im Spiel der Mom. Müller,
oder wegen der glücklichen Verbindung beider der Mom.
Eunicke (welches wohl das Zweckmäßigste wäre) zufallen wird,
steht dahin; in Wien ist sie der Mslle Milder übertragen, eine
der tüchtigsten, von Seiten der musikalischen sowohl als mimi—
schen Kunst, trefflichsten Schauspielerinnen, die Deutschland in
diesem Augenblicke besitzt.“ Die Notiz ist 72 unterzeichnet,
dem Stile nach schwerlich von Kleist: sie sprach aber die
Stimmung des gesammten Kreises aus.
Daß die Tendenz dieser „Theaterneuigkeit“ in dem lag, was
zwischen den Zeilen stand, und daß es sich um den verabredeten
Plan einer wohlinformirten Mehrheit handelte, beweist eine
Notiz der Spenerschen Zeitung vom 17. November, in Nr. 138.
Die Spenersche Zeitung galt in amtlich maßgebenden Kreisen
niemals als ganz sicher, sie machte ab und zu ihre Seitensprünge.
Sie öffnete ihre Spalten oftmals denjenigen Schichten, welchen
die Vossische Zeitung, in einseitiger Partheistarrheit, verschlossen
war. Sie brachte also folgende, nur scheinbar auf besserer
Information beruhende Antwort: „Dem unbekannten in dem
Abendblatt Nr. 38 aufgetretenen Freund des Singspiels: die
Schweizerfamilie von dem Herrn Kapellmeister Weigl/
geben wir hiemit zur Nachricht, daß die Rolle der Emme⸗
line weder der Msille Schmalz, noch der Mad. Müller,