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Drittes Capitel. Theater

Full text: Heinrich von Kleist's Berliner Kämpfe / Steig, Reinhold (Public Domain)

B3 Widerstaände gegen Iffland. S 171 
amter, als Führer und Soldat vor dem Feinde geleistet hatte, 
fehlte ihm das Verständniß und die Fähigkeit, durch neue Er⸗ 
fahrung sich innerlich zu entwickeln. Wenn Iffland — fassen 
wir das Theaterjahr 1810 ins Auge — außer seinen und 
Kotzebue's Stücken immer und immer wieder den Pachter 
Feldkümmel, den Rochus Pumpernickel, den Vetter Kuchuck und 
andere solche elenden Machwerke aufführen ließ, so saß der 
Grundbesitzer, der Offizier im Königlichen Nationaltheater da 
und sah unwillig mit an, wie in dieser Zeit der Umwälzungen 
gerade die Stände, denen sie angehörten, vor dem Publicum 
discreditirt wurden. Die Folge war wachsender Ingrimm gegen 
Iffland, und die Theateropposition, die entstand, machte sich 
unmittelbar im Theater durch Zischen und Niederpochen oder 
durch öffentliche Verhöhnung Iffland's Luft. Die Opposition 
des activen Militairs war in Berlin geradezu eine Theater⸗ 
misere geworden, gegen die es keine rechte Abhülfe mehr gab. 
Als 1806 Zacharias Werner's Luther aufgeführt wurde, war 
man allgemein über die Art der Aufführung betroffen: Wil—⸗ 
helm von Humboldt schrieb noch 1810, als das Stück im 
Februar gegeben wurde, ärgerlich an Goethe, Iffland habe 
sich aufs neue die Freude gemacht, auf der Bühne zu predigen, 
da ihm die Kanzel verschlossen sei. Zelter's Berichte an Goethe 
schonen ebenfalls Iffland nicht, der „sich wie der leibhafte Dr. 
Luther angethan habe“. Man hielt die Aufführung geradezu 
für eine Parodie einer heiligen Kirchenangelegenheit, und die 
Offiziere des vornehmen Regimentes Gensdarmen veranstalteten 
zu Iffland's Verspottung die famöse Schlittenfahrt im heißen 
Sommer, die Iffland so tief kränkte, daß er sein Verbleiben 
im Amte von der Bestrafung der übermüthigen Offiziere ab— 
hängig machte. Am anziehendsten wird der Hergang in 
Nostitz' Memoiren erzählt. Nur ein Rittmeister, Nostitz' Freund, 
wurde in ein schlesisches Regiment strafversetzt. Rührend und
	        
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