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Zweites Capitel. Politik

Full text: Heinrich von Kleist's Berliner Kämpfe / Steig, Reinhold (Public Domain)

S Standische Commission. 149 
Richtung. Beckedorff lobt zwar die ergangene Ernennung 
einer Commission zur gutachtlichen Berathung als „eine der 
weisesten Maßregeln, welche die Regierung habe ergreifen 
können“, aber eigentlich doch nur zu dem Zwecke, um desto 
bestimmter der von seinen politischen Freunden befürchteten, 
von deren Gegnern herbeigesehnten Ausbildung einer vollständigen 
National-Repräsentation zu widersprechen: „Es werden dadurch 
die thörichten Erwartungen Derjenigen vollständig zu Schanden, 
welche sich nichts Geringeres versprochen haben, als eine all⸗ 
gemeine ständische Versammlung mit gesetzgeben der Ge— 
walt, einen großen Reichstag gleichsam, wohl gar ein Parla⸗ 
ment mit Ober⸗ und Unterhause und mit allem Zubehör von 
Opposition, Stimmenmehrheit und möglichen Ministerial-Ver⸗ 
änderungen.“ Und eine eigene, nach der Sprache wohl von 
Kleist verfaßte Redactions-Anmerkung verschärfte noch dieses 
Urtheil, indem eine derartige Einrichtung geradezu für ein 
„Unding“ erklärt wurde: „Denn eine ächte ständische Ver— 
fassung, eine solche, als hoffentlich das Resultat der neuen 
Einrichtungen sein wird, überträgt die Gesetzgebung dem 
Souverän, als dem allgegenwärtigen Mittelpunkte des ganzen 
Staates, den Ständen dagegen, als den gebornen und erwählten 
Repräsentanten der Staatskräfte, das Geschäft, die Wünsche 
und Bedürfnisse der Nation, ihr Interesse und ihr Verlangen 
dem Gesetzgeber immer gegenwärtig zu erhalten.“ Nicht mehr, 
führt Beckedorff seinen Gedanken weiter, aus dem Kampfe der 
verschiedenen Stände unter einander und gegen den Oberherrn, 
fondern aus einem ruhigen, besonnenen Gespräche des Staates 
mit und über sich selbst müsse der Staat jetzt wachsen. Das 
Resultat dieses Gespräches sei die öffentliche Meinung: „welche 
daher ein weiser Staatsmann keineswegs leiten oder beherrschen 
zu wollen unternehme, sondern mit welcher er sich möglichft 
zu vereinbaren und zu verständigen bemüht sei.“ Man em—
	        
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