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a Ompteda's Englandfreundlicher Artikel verboten. S 99
jubiläum der dankbar-freie Enthusiasmus eines glücklichen
Volkes erst kürzlich (am 25. October) gefeiert hat, dem
wenigstens der höchste Inbegriff aller Privattugenden nicht
abgesprochen werden kann, wie verschieden auch, nach den
Standpuncten, das Urtheil über seine Regenten-Größe und
seine Regenten-Güte sein mag, und den — einen ächtkönig—
lichen Vater — der Verlust der inniggeliebten und sehr
liebenswürdigen jüngsten Tochter in die schrecklichen Leiden
des traurigsten Uebels zurückwirft, hervorzubringen vermag.
Wenigstens auf uns, die wir hohen Gefühls voll genug sind,
um vor der bretternen Bühne Thränen für den
König Lear zu haben, der die todte Cordelia in seinen
Armen hält.“ Kleist schickte den Artikel sofort in die Druckerei.
Aber das „Neutralisiren der Interessen“, das die Staats⸗
kanzlei für sich übte, wollte sie nicht ihren Gegnern gestatten.
Die Cabinets-Ordre wegen Verschärfung der Censur wirkte
bereits. Kannte Gruner, oder Sack, den staatskanzleilichen
Ursprung des ersten Artikels, so konnte für Ompteda's Gegen⸗
ausführungen nur ein Verbot am Platze sein. Noch 1809
hatte ein Professor des Joachimsthalschen Gymnasiums seine
Uebersetzung der Spence'schen Schrift dem Könige zueignen
dürfen: jetzt strich Gruner einen Zeitungsartikel über Spence
durch! So weit war man gekommen! Die beiden Quer—
striche auf der zurückgewiesenen Censurvorlage kamen Kleist
wie zwei Schwerter vor, kreuzweis durch die theuersten und
heiligsten Interessen der Nation gelegt. Aber es gab kein Mittel
sich zu wehren. In das 48. Abendblatt, vom 24. November,
rückte Kleist die trockene Redactionsanzeige ein, er ersuche den
Verfasser eines Aufsatzes „über die neueste Lage von Groß—
britannien, der aus Rücksichten, die hier zu erörtern zu weit⸗
läufig wäre, nicht aufgenommen werden könne, ganz ergebenst,
ein Schreiben für ihn in der Expedition abzuholen; dasselbe