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halte?) Das von Laube citirte Worte Dambachs mag also
wohl, wenn auch in anderem Zusammenhang gefallen sein, da,
wie schon das Schicksal von Gutzkows „Forum“ zeigte, die
Akten durchaus nicht vollständig sind.
Baron v. Schweitzer nun war, wie aus Varnhagens Be—
merkungen hervorgeht, im Kabinett des Kaisers von Rußland
angestellt; er hatte außerdem literarische Neigungen und seine
schriftstellerischen Fähigkeiten 1831 nach dem Fall Warschaus
dazu misbraucht, mit einer fulminanten Erklärung gegen die
Polen die Einnahme ihrer Hauptstadt anzusingen, wofür ihn
die gesammte liberale Publicistik mit dem Fluche der Ver—
achtung belegte?s). Metternich nennt ihn einen „vielfach auf—
geklärten und rechtlichen Literator“ und sagt von seiner diplo⸗
matischen Anstellung nichts; Schweitzer hatte also ziemlich
Kenntnis von all dem, was die jungdeutschen Schriftsteller an
gelegentlichen Aeußerungen gegen Rußland und an zahlreichen
Sympathiekundgebungen für Polen auf dem Kerbholz hatten,
und die Erfahrungen des Jahres 1831 waren zu bitter, als
daß sie nicht das Bedürfnis nach Vergeltung an der liberalen
Schriftstellerbrut brennend erhalten mußten. Er konnte von
dem Inhalt des ihm anvertrauten Briefes leicht durch den
Fürsten Metternich selbst oder — durch die damals bis zur
Virtuosität ausgebildete Kunst des Brieföffnens Kenntnis er⸗
halten haben. Varnhagens Antwort hätte vielleicht der Unter—
suchung eine andere Richtung oder eine mildere Form geben
können, Grund genug für einen treuen Diener seines Herrn,
diese Möglichkeit hinauszuschieben, damit das gegen die russische
Majestät Gefehlte seine völlige Sühne fände.
Diese Vermutung läßt sich natürlich nicht unbedingt be—
weisen, aber sie paßt in jene Zeit der diplomatischen Intriguen,
der systematischen Verletzung des Briefgeheimnisses und der
niedrigsten Kriecherei vor Königsthronen vollkommen und hat
wenigstens den Vorzug der Möglichkeit.
Varnhagens Antwort ist nicht bekannt. Das Wiener