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Das Karthaus vor Schivelbein (1843)

Full text: Zur Erinnerung an Rudolf Virchow / Virchow, Rudolf (Public Domain)

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die Dunkelheit des Gegenstandes mehr nötig machte, als wir es 
wünschten, so eilen wir nun, andere Erscheinungen der Zeit damit 
zu kombinieren und die Resultate daraus zu ziehen. 
Es waren eben mehrere, für unsere Gegenden und für den 
Deutschen Orden sehr wechselvolle unheilschwangere Jahrzehnte 
vergangen. Das erste Dezennium dieses Jahrhunderts hatte die 
lange Zeit des segensreichen Wirkens des Ordens für Preußen 
beendigt; in der Tannenberger Schlacht war seine ganze Blüte 
gebrochen, und Tage voller Elend und Demütigung gingen über 
das bedrängte Land auf. Zwietracht erhob ihr Haupt unter den 
bisher so einträchtigen Ritterbrüdern, und der edle Held in der 
Not, Heinrich Reuß von Plauen, fiel niederem Undank. Zügel⸗ 
losigkeit und Eigenmacht der Gebietiger und Komture weckte da 
zuerst den Freiheit ahnenden Geist des Adels und der Städte, der 
einst in dem preußischen Bunde dem Orden so verhängnisvoll 
werden sollte. Eben damals aber hatte das Kostnitzer Konzil den 
edlen Huß verbrannt, und seine fanatischen Anhänger trugen das 
Racheschwert weithin durch die katholischen Länder. Jagiel von 
Polen, dessen tiefgewurzelter Haß gegen den Orden nur mit 
Hannibals Römerhaß verglichen werden kann, warb die rohen 
Scharen der Hussiten und durchzog mit ihnen 1433 die Neumark 
und Preußen bis ans Baltische Meer, rings unsägliche Ode und 
nie gesehenen Jammer zurücklassend. Und immer größer ward 
der innere Spalt zwischen den Ordensbrüdern, immer ungestümer 
die Forderungen der zum Widerstand erwachten Stände, immer 
peinlicher die finanzielle Not des Hochmeisters. Paul von Rußdorf 
war so vielen Anforderungen nicht gewachsen. Am 2. Juni 1441 
legte er sein schweres Amt nieder, und als am 12. April das 
Kapitel vereinigt war, wählte es einstimmig den tüchtigsten Bruder, 
Konrad von Erlichshausen. Angeborene Größe und in manchem 
Amt erworbene Erfahrung zierte ihn. Vor allem aber war er 
gottesfürchtig und fromm, ein Friedensfürst in der Gesinnung. 
Schon als er noch Komtur von Ragnit war, erklärte ihn die 
Brüderschaft der Pfarrer von Samland des Gnadenteils ihrer 
Messen und aller gottesdienstlichen Übungen teilhaftig, und die 
Karthäuser von Marien Paradies schlossen ihn in ihre Gebete ein.
	        
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