„Nero“ von Rubinstein.
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Schwäche seiner Stimmbänder. Auf einer Jagd hatte er
sich erkältet und davon dieses Uebel zurückbehalten. Die
Stimmbönder widersetzten sich bei nur einiger Anstrengung
dem Willen des Sängers. Dieses offene Bekenntnis hatte
etwas wehmütiges. Nach eingenommenem Kaffee ver—
abschiedeten wir uns in herzlichster Form.
Im Dezember 1880 wurde Rubinstein's „Nero“ zum
erstenmal gegeben, konnte sich aber nicht auf dem
Repertoire halten, wohingegen die Opern: „Die Königin
von Saba“ von Goldmark, „Der Rattenfänger von
Hameln“ von Neßler und „Carmen“ von Bizet Repertoire—
Opern wurden. In Goldmark's Opern glänzten die Damen
von Voggenhuber und Lilli Lehmann, sowie die Herren
Fricke, Betz und Ernst. Im „Rattenfänger von Hameln“,
dessen szenische Ausstattung mit den von Professor Gropius
gemalten Dekorationen ganz hervorragend war, bot Franz
Betz, der Meister der Sangeskunst, in der Titelrolle
einen seltenen Genuß, nicht minder Frau Mallinger.
Der anwesende Komponist wurde wiederholt stürmisch ge—
rufen.
Die Oper „Carmen“ erfreute sich gleichfalls eines ganz
besonderen, durchschlagenden Erfolges. Die als Gast
engagierte entzückende Künstlerin Tagliana creierte die
Titelrolle und feierte allabendlich Triumphe. Neben dieser
anmutsvollen Sängerin waren die Herren Krolop und
Ernst in Gesang und Spiel mustergiltig. Der Tanz, in
welchem die bezaubernde Solotänzerin dell'Era mitwirkte,
war von Taglioni meisterhaft arrangiert und trug eben—
falls zu dem großen Erfolge der Oper bei. Bizet's Werk
gehörte zu den Lieblingsopern der Kaiserin Augusta.
Fräulein Driese machte unter meiner Regie ihren
ersten theatralischen Versuch und bildete sich bald zur Stütze
der Oper heran. Sie kam in kurzer Zeit in den Besitz der