Joseph Tichatscheck. Mrs.Phelps. Karl Devrient. 81
„Uriella“ mit der vorzüglichen Tänzerin Kathi Lanner
hatte guten pekuniären Erfolg. Ein Gastspiel des be—
zühmten sächsischen Kammersängers Joseph Tichatschek
füllte, wie stets, Zuschauerraum und Kasse.
Auf Tichatschek folgte ein Gastspiel des bedeutendsten
englischen Tragöden, Mer. Phelps, der durch die großartig
durchgeführten Rollen Lear, Shylock und Macbeth das
publitum hinzureißen und zu begeistern verstand. Dieser
zroße Künstler bewies mir von neuem, welche wunder—
baren Wirkungen man hinsichtlich der Diktion mittelst
Atemholens durch die Nase, ohne den Mund zu öffnen, er—
zielen kann. Der anstrengende erste Akt des „Lear“ wurde
dadurch von ihm meisterhaft, scheinbar ohne jegliche An—
strengung bewältigt.
Im Juli 1859 gastierten Bettini und die Lafont in
mehreren Opern. Die gewaltige und schöne Stimme
Bettinis hatte ich schon 1847 in Paris bewundert. Der
Rünstler war damals an der Großen Oper engagiert und
gefiel sehr, mußte aber dessenungeachtet wegen ungenügen—
der französischer Aussprache das Engagement verlassen.
Die Aufführung der Opern „Il Trovatore“, „Norma“,
„Othello“, „Lucretia Borgia“, mit obigen Gästen hatten
ebenfalls gute Einnahmen im Gefolge.
In späteren Jahren gastierte auch Karl Devrient am
Hamburger Stadttheater. Um eine möglichst hohe
Benefiz-Einnahme zu erzielen, ließ er seine Gattin, Frau
Schröder-Devrient, in der „Jungfrau von Orleans“ die
Jeanne d'Arc spielen. Dieses Kunststück mißlang voll—
ständig. Die berühmte Sängerin sprach die ganze Rolle
fast durchgängig in ihren tiefen Alttönen und wurde
monoton. Der künstlerische Erfolg blieb aus, aber der
pekuniäre war erzielt. Von einer Wiederholung dieses
Experiments habe ich nie etwas gehört.
Strantz, Erinnerungen.