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Kindheit und bei Hofe

Full text: Streiflichter aus meinem Leben am deutschen Hofe, unter baltischen Fischern,und Berliner Sozialisten und im Gefängnis, einschließlich "Ein Daheim in der Fremde" / Schimmelmann, Adeline von (Public Domain)

Kindheit und bei Hofe. 
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Als ich 3 Jahre alt war, erschien ich zum ersten Male bei 
Hofe. Es war dies bei Gelegenheit eines Besuches bei der wunder— 
schönen Königin Karoline Amalie in Fredensborg, es thut mir leid, 
gestehen zu müssen, daß der Versuch — weil er zu verfrüht war — 
sehr mißglückte. Ich fing damit an der Königin zu erklären, daß 
ich ihr nicht die Hand küssen wolle und ihr nur einen Kuß auf 
die Backe geben würde. Die Königin hatte Kinder lieb und amü— 
sierte sih sehr über mein Betragen. Sie nahm mich auf den 
Schoß, küßte mich und bestand darauf, daß ich den ganzen Tag 
bei ihr bleiben solle. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ent— 
zückt ich beim Frühstück war, als ich mich allein bedienen durfte 
und mir die Brötchen aussuchte, die am schönsten aussahen, an— 
statt noch, wie bisher von meiner Kinderfrau mit Brot und Milch 
gefüttert zu werden. 
Noch sehe ich die schönen blauen Augen der Königin auf mir 
ruhen und erinnere mich des Entzückens über einen Stockrosen— 
stengel aus ihrem Garten. Es wäre besser, wenn diese Erinnerung 
hier ihren Abschluß erreicht hätte. Aber leider! Im Lauf des 
Tages benahm ich mich sehr unhöfisch. Trotz des Einwandes meiner 
Mutter bestand Majestät darauf, mich zur Tafel zu behalten und 
zwischen zwei junge Herren zu setzen. Zuerst ging dies wunder⸗ 
voll; dann aber sah ich plötzlich wie meine Mutter, die am andern 
Ende der Tafel neben der Königin saß, meinen Nachbarn durch 
Zeichen zu verstehen gab, mir nicht zu erlauben, von einem herr— 
lichen roten Gericht (ich denke, es war Hummer), das man uns 
reichte, zu nehmen, und ich fing furchtbar an zu schreien. Meine 
Mutter schickte sofort einen Lakaien, der mich hinausbringen sollte, 
aber ich erklärte ihm, ich könne allein gehen, schlüpfte von meinem 
Stuhl herunter, lief zur Königin und, indem ich mich an ihr 
schwarzes Atlaskleid mit beiden Händen klammerte, erklärte ich 
nicht eher zu gehen, als bis ich etwas von „dem da“, und dabei 
zeigte ich auf eine Schale mit prachtvollen Pfirsichen, die gerade 
vor ihr stand, bekommen hätte. Sie legte mir davon auf einen 
Teller, und ich verschwand, so wohlerzogen wie ich konnte, in einem 
Nebenzimmer, gefolgt von dem Lakaien, der die Beute trug. Ich 
habe die unbestimmte Erinnerung, als ob ich in meinem Zufluchts- 
ort eine Puppe zerbrach, die der Prinzessin Dagmar, (der Kaiserin—
	        
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