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Meine Missions-Arbeit

Full text: Streiflichter aus meinem Leben am deutschen Hofe, unter baltischen Fischern,und Berliner Sozialisten und im Gefängnis, einschließlich "Ein Daheim in der Fremde" / Schimmelmann, Adeline von (Public Domain)

116 Adeline Gräfin Schimmelmann. 
Sofort, nachdem ich in sicheren Gewahrsam gesetzt worden war, 
betraten Pontoppidan und mein Bruder auch meine Villa, und 
nahmen sie in Besitz. Unter schallendem Gelächter machten Pon— 
toppidan sich über meine Briefe her, und dann setzte er sich an 
mein Harmonium und versuchte zu spielen. Er sprach auch nicht 
ein Wort über den Gesundheitszustand des Patienten, sondern 
erklärte ihn nur, ohne überhaupt seinen Puls zu fühlen für völlig 
normal und gesund. Wenn er die Papiere in der kleinen Tasche, 
die er schon gestohlen, vorher revidiert hätte, so müßte er einige 
ärztliche Atteste gefunden haben, die von dem ernsten Gesundheits— 
zustand des jungen Mannes zeugten. Diese Atteste hatten wir 
als Beweis seiner Untauglichkeit für den Militärdienst teilweise 
von Militärärzten erhalten. 
Mein Bruder befahl dem Knaben, ihm einen Diamantstern 
im Werte von 265,000 Kronen auszuliefern. Er wußte sehr gut, 
daß ich derartiges niemals besessen hatte, und da derselbe diesen 
natürlich nicht bringen konnte, rief er einen Polizisten, gab diesem 
eine Belohnung von 200 Kronen, erklärte meine Knaben für 
Diebe, und ließ sie an die Grenze befördern, von wo aus sie mit 
einem Billet nach Berlin geschafft wurden. Den Kranken fand 
ich später wieder, aber sein Begleiter starb, soviel ich ermitteln 
konnte aus Mangel an Nahrung auf der Straße. 
Mein Bruder und seine Gehülfen entließen meine Lehrerin 
und mein Mädchen und übten dann an den Möbeln und dem Zu— 
behör des Hauses ihre Rache aus; sie waren ja nun allein im 
Besitz des Hauses. (Hierüber liegen interessante Berichte von 
Augenzeugen vor, die noch nicht veröffentlicht sind, und die gerichtlich 
zu Protokoll genommen wurden)*) 
Sie verbrannten meine Papiere, beschädigten meine Möbel, 
warfen die Ofen um, rissen die Bilder aus den Rahmen und 
packten meine Hofkleider zwischen die Küchengeräte. Mein schönes 
Pony, unser aller Liebling, gaben sie einer Frau, der ich aus guten 
x) Eine Vormundschaft konnte erst nach einigen Wochen eingesetzt 
werden, so lange waren die beiden Jünglinge, denen ich mein Haus anver— 
sraute, seine gesetzlichen Verwalter. Aber mein Bruder jagte sie mit Gewalt 
fort, indem er sie mit sieben Männern und einem Hunde überfiel, und das 
Recht des Besitzers usurpierte.
	        
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