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II. Henriette von Arnim. Eine Jugenderinnerung

Full text: Aus der Heimat und der Fremde / Pietsch, Ludwig (Public Domain)

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in der Gestalt eines solchen schlechten Frauenzimmers! 
Wir hielten es für ein ganz törichtes, verleumderisches Ge— 
rücht. Anderenfalls hätte sie viel von unserer glühenden Ver— 
ehrung für sie einbüßen müssen. 
Im April 1841 kam ich nach Berlin, um hier als 
Schüler in die Kunstakademie einzutreten; hatte ich doch 
auch an mir die Wahrheit von Wilhelm Buschs schönem 
Ausspruch erfahren: „Ein wohlerzogener junger Mann ge— 
wöhnt sich leicht das Malen an“. In den ersten Hunds— 
tagsferien, Mitte August, trat ich von hier aus mit zwei be— 
freundeten Studenten die erste Reise (natürlich zu Fuß) zu den 
Stätten in Deutschland an, von denen der Vater uns 
immer mit ganz besonderer Begeisterung erzählt hatte: 
nach Dresden und dem Harz — damals für einen sech— 
zehnjährigen Burschen noch ein kühnes Unternehmen. In 
Dresden auf dem Schauplatz ihrer ersten Mädchenabenteuer 
aber hatte damals Gräfin Kuhnheim ihren Wohnsitz ge— 
nommen, nachdem Kloschenen und Juditten längst in den 
Besitz anderer Verwandten des Grafen übergegangen waren. 
Es stand bei mir fest: du gehst in Dresden zuerst zu 
ihr. Noch einmal nach so vielen Jahren schrieb auf meine 
Bitte der Vater einen Brief an sie zu meiner Einführung, 
den ich ihr persönlich übergeben sollte. In wundersamer 
Aufregung, immer jenes Bild der schönen Frau vor meines 
Geistes Auge, zog ich in Dresden die Schelle ihrer Tür. 
Die Frau Gräfin wohne im Sommer in Laubegast auf 
dem Lande, sagte der Hausdiener, der mir öffnete. 
Am nächsten Morgen wanderte ich nach Laubegast. 
Dort bewohnte die Gräfin eine kleine altväterische Villa 
mit einem Kuppeldach und zwei hölzernen Säulen zu den 
Seiten der Haustür. Die Magd im Flur bat ich, mich 
zu melden und nannte ihr meinen Namen. Zu dem
	        
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