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X. Meine Erlebnisse bei der Eröffnung des Suezkanals

Full text: Aus der Heimat und der Fremde / Pietsch, Ludwig (Public Domain)

319 — 
von dem salzigen Meerwasser geschluckt hatte, hob es mich 
wieder in die Höhe. Mein Kopf tauchte auf und genau 
da, wo der zersplitterte, abgetrennte Mast mit dem Segel 
und der Takelage unserer Barke schwamm. Den bekam ich 
zu fassen. Und in demselben Moment sah ich auch in 
einiger Entfernung ein Boot mit sechs Ruderern bemannt 
und in der Spitze den braven kleinen Danziger Bischof, 
das sich rasch näherte. „Halten Sie sich noch einen Augen— 
blick!“ rief er mir zu. Dann streckte er mir einen langen 
Bootshaken entgegen. Ich faßte die Spitze, und in der 
nächsten Minute war ich von kräftigen Händen in das 
Boot hineingezogen, naß wie eine Katze, Seewasser spuckend 
und prustend, aber lebend und glückselig. Sperling und von 
Arnim hatten sich schwimmend gerettet. Der Barkenführer 
soll ertrunken sein. Bischof war am nächsten Schiff an 
Bord geklettert. Man hatte das Boot ausgesetzt, und 
mein Koffer war bereits herausgefischt, als man mich auf— 
tauchen sah. 
Gerettet zu sein, wenn man jede Hoffnung aufgegeben 
hat — es ist eine wonnige Empfindung! Aber zunächst hieß 
es, die „Grille“ aufsuchen. 
Unsere Ruderer verstanden uns nicht und legten an der 
Schiffstreppe des österreichischen Dampfers „Garignano“ an. 
Erst oben auf Deck erkannte ich den Irrtum. Aber die 
Herren Offiziere nahmen mich teilnehmend und freundlich 
auf und boten mir als willkommene Labe feurigen Port— 
wein, der mir bis auf die Haut Durchnäßtem sehr wohltat. 
Zu längerem Verweilen blieb mir keine Zeit. Ich mußte 
schleunigst in das Boot zurück, um mich zur „Grille“ 
rudern zu lassen, wenn ich auch nur geringe Hoffnung 
hegen durfte, den Kronprinzen dort noch zu finden. Meinem 
Retter sagte ich Ade und stieg an Bord des kronprinzlichen
	        
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