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X. Meine Erlebnisse bei der Eröffnung des Suezkanals

Full text: Aus der Heimat und der Fremde / Pietsch, Ludwig (Public Domain)

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mide bestiegen, die Gräber der Hofbeamten des in ihr bei— 
gesetzten Pharao und der rätselhafte, unterirdische Sphinx— 
tempel durchstreift worden waren. 
Die Situation hatte für mich einen wunderbaren, ge— 
heimnisvollen Reiz. War es nicht die Mephistos in der 
Walpurgisnacht, da er zur Seite der Sphinxe ruht? Schoß 
nicht auch in dieser Nacht des 9. November wie dort „Stern 
nach Stern“ und „beschnittner Mond schien helle“?! 
Aber nicht jeden vermochte dieser poetische Zauber 
und die Seltsamkeit und Romantik der Situation über die 
Kühle und die Unbequemlichkeit dieses Nachtlagers unter 
freiem Himmel und unter Mänteln und Decken im Wüsten— 
sande hinwegzutäuschen. 
So vermochte Graf NYork nicht einzuschlafen und ergoß 
seinen Zorn und sein Unbehagen in lauten Verwünschungen. 
Ein alter Beduinenscheich am Feuer aber nahm diese Ex— 
klamativnen für den Ausdruck der Bewunderung der uns 
umgebenden altägyptischen Riesendenkmale. Er nickte zu— 
stimmend mit dem graubärtigen Haupt und sprach in seinem 
„Pidgin-Deutsch“ die großen Worte: „Ja wol! Gräbher 
gut. Pyramide serr gut. Pyramide Bismarck!“ 
Andere Gesellschaftsritte führten uns zu den alten 
Mamelukengräbern, nach Heliopolis, zum Schubra-Palais, 
zum neuen Schloß des Khedive, Gestreh am Nil, mit dem 
Zoologischen Garten. Und fast noch reizender und amü— 
santer als alles andere war das Umherschweifen in den 
von darübergedeckten, durchlöcherten Matten und Teppichen 
beschatteten, malerischen Gassen und Basaren der unver— 
gleichlichen Stadt. Mein lieber, alter Freund Brugsch 
Pascha, der damals eine hohe Stellung im Unterrichts— 
ministerium des Khedive bekleidete, bereitete mir in seinem 
Hause die gastlichste Aufnahme. Dort traf ich mit Herrn
	        
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