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Ausnahme der Kaiserin zeigten sie die Gesichter unver—
schleiert, das Haupt mit schwarzem Kopfputz geschmückt,
von dem der schwarze Schleier rückwärts herabwallte.
An der Südseite des Katafalks war ein weiter, halb—
runder Platz, der von den Staats- und Hofdamen um—
rahmt wurde, freigehalten. In diesen traten die kaiserlichen,
königlichen, fürstlichen Herren und Damen ein. Gleichzeitig
kam aus dem geöffneten Allerheiligsten hinter der Bilder—
wand eine lange Reihe von Priestern in den bereits ge—
schilderten silberstoffenen, goldverzierten Meßgewändern,
einige unbedeckten Hauptes, andere mit violetten Mützen;
einzelne höchste kirchliche Würdenträger mit prachtvollen, ju—
welenbesetzten, byzantinischen Mitren auf dem Scheitel, und
stellten sich hinter dem Sarge und an seiner nördlichen
Langseite auf. Einer der Priester, ein schöner Greis mit
lang wallendem, weißem Bart und Haar, zu Häupten des
Sarges stehend, begann mit tiefem Baß mächtigen Klanges
halb singend die heiligen Worte zu rezitieren. Ein Chor,
in dem besonders die Knabenstimmen von wahrhaft himm—
lischer Klangschönheit, Weichheit und schmelzender Süßigkeit
waren, antwortete in auf- und abwogenden, bald im zar—
testen Piano verhallenden, bald zu prachtvollem Forte an—
schwellenden Akkorden, die aber kaum jemals sich zur Form
bestimmter Melodien zusammenfügten. Ihr musikalischer
Reiz indes war darum nicht geringer, wenn auch die immer—
währende Wiederholung der fast unverändert sich gleich—
bleibenden Passagen auf die Länge ermüdend wirkte. Bei
dem griechisch-russischen Gottesdienst und Hochamt ist be—
kanntlich der Orgel und der Instrumentalmusik keine Rolle
zugewiesen. In den Kirchen dieses Bekenntnisses erklingt
nur der reine à cappella-Gesang. Der aber scheint mir,
wenigstens in den kaiserlichen Hofkirchen zu St. Petersburg und