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wie sehr die Gerichte den Tafelnden behagten, darüber
ließen sie keinen Zweifel. Aber die Stimmung der ganzen
Gesellschaft blieb trotzdem gedrückt. Die Nachbarn flüsterten
immer nur scheu und leise miteinander. Unser freund—
licher Führer rühmte die Güte der Erzeugnisse der Marine—
kasernenküche mit der vollen Wärme der Überzeugung.
Aber auch uns wünschte er dieselbe gute Meinung davon
nicht nur durch sein beredtes Wort beizubringen. Er ruhte
nicht eher, als bis wir aus einer mit Schty gefüllten Kas—
serolle einen Löffel gekostet hatten. Natürlich erklärten wir,
daß wir sie vortrefflich, kräftig und schmackhaft fänden. Aber
offen gestanden — die wahre Suppe ist das nicht; und ich
meine, man muß schon ein russischer Soldat oder hungriger
Armer sein, um ihre ganze Kraft und Tugend richtig wür—
digen und schätzen zu können. Ich werde ihren Genuß auch
künftig ohne Schmerz und ohne Bedauern entbehren und
mich der Freude jedes braven Russen an seiner Kohlsuppe
auch in Zukunft immer völlig neidlos freuen.
* *
2*
Die Kaiserleiche in ihrem goldenen Sarge bleibt auf dem
Katafalk, auf den dieser gestern gesetzt wurde, „bis zu dem
bestimmten Tage“ der Beisetzung, dessen Datum zu erfahren
natürlich noch immer unmöglich ist, in der Festungskathe—
drale aufgebahrt, um der Bevölkerung Petersburgs die Mög—
lichkeit zu bieten, ihres toten Zaren Antlitz noch einmal zu
sehen und Abschied von ihm zu nehmen. Genau ausgear—
beitete Festsetzungen regeln den Besuch der Kirche durch die
verschiedenen Klassen nach Tagen, Stunden und Reihenfolge.
Täglich werden dort kleine und große Messen und Hoch—
ämter für die Seele des doch immer schon als „Hochseliger“,
„Allerfrömmster“, „in Gott ruhender“, in allen Kundge—
bungen bezeichneten Herrschers angesichts des Katafalks ab—