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IX. Russische Trauertage (November 1894)

Full text: Aus der Heimat und der Fremde / Pietsch, Ludwig (Public Domain)

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Inselfestung hat aufgegeben werden müssen, da die hölzerne 
Troitzkibrücke durch ihre neuliche Ahnung nicht betrogen 
worden ist. Der schroffe Wechsel der Temperatur und des 
Wetters von Tag zu Tag, das unmittelbare Aufeinander— 
folgen von schärfstem Frost und lauem Regen hat einen 
verfrühten Eisgang herbeigeführt, und die Brücke mußte 
abgefahren werden. So muß der Zug seinen viel weiteren 
Weg von der Admiralität in entgegengesetzter Richtung an 
der Isaakkathedrale vorbei auf der prächtigen Nikolajewski— 
brücke nach Wassili-Ostrow, dann auf der neuen Brücke 
über den Malaja-Arm der Newa nach Petersburgski-Ostrow 
hinüber und von da zur Festungsinsel zu gelangen suchen 
— eine Reise, die doppelt so viele Zeit erfordern dürfte 
wie die des Zuges in Moskau. Ich beneide die Teilnehmer, 
die sie morgen zu Fuß zurückzulegen haben, nicht um diese 
Ehre! 
Das Programm, das „Zeremonial“, des Zuges ist gestern 
durch die Zeitungen veröffentlicht. Die Verkündigung des 
Ereignisses an das Volk in Petersburg aber erfolgte heute 
mittag gleichzeitig durch ebenso gekleidete, berittene Herolde 
wie die in Moskau. Nur war dieser Akt hier noch außer— 
ordentlich effektvoller in Szene gesetzt, indem an die Stelle 
der Dragoner in groben, graubraunen Soldatenmänteln die 
glänzenden Panzerreiter des Chevalier-Garderegiments mit 
dem goldenen Doppeladler auf dem goldenen Helm und dem 
goldenen Küraß über dem Soldatenpaletot, getreten waren. 
Die Absperrung der Straßen verspricht hier noch viel strenger 
zu werden und früher einzutreten, als es dort geschah. 
Keine Zuschauer auf Balkons, Dächern, Bänken und freien 
Plätzen, keine geöffneten Fenster sind längs des ganzen 
meilenweiten Weges geduldet. Aber es ist „nicht verboten“, 
hinter geschlossenen Fenstern dem Zuge zuzusehen. Die Zahl
	        
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