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Die grosse Arbeit aber, welche den Übergang auf neue
Gebiete markiert, ist sein berühmtes »Krönungsbild«, die
Krönung König Wilhelms I. in Königsberg. Sie stellte den
Künstler vor die schwierige Aufgabe, einen historischen Vor-
gang, welchen Hunderte mit erlebt hatten und kritisieren
konnten, porträt- und wahrheitsgetreu darzustellen und doch
daraus ein Bild zu schaffen. Menzel hatte auf diesem
Gebiete einen Vorgänger in Franz Krüger, welcher in seiner
»Parade« und seinem »Huldigungsbilde« meisterhafte historische
Dokumente geschaffen hat, die durch ihre wahrheitsvollen Por-
träts der Teilnehmer und Zuschauer allzeit von unvergänglichem
Werte sein werden. Menzel schuf in seinem Krönungs-
bilde aber mehr als nur ein chronistisches Dokument. Durch
die von tiefster innerlicher Ergriffenheit durchströmte Er-
scheinung des ehrwürdigen Königs allein erhob‘ er sein Werk
zu einem Denkmal der neuen Zeit, und aus den wider-
strebendsten Elementen der Wirklichkeit schuf er mit meister-
haft untrüglichem Blick in mühevoller mehrjähriger Tätigkeit
ein Bild voller Poesie, königlicher Pracht und Glanz und
Schimmer.
Nach der Vollendung dieses Werkes war es dem Meister
beschieden, noch ein volles halbes Jahrhundert mit uns zu
leben und Werke von einer Fülle und Bedeutung zu schaffen,
welche die Lebenstätigkeit einer ganzen Reihe von Malern
ausfüllen würde, wenn ein solcher Vergleich überhaupt zu-
lässig wäre, Werke, welche Menzel — auch ohne seinen
Friedrichsruhm — in die erste Reihe der Grössten erheben,
zu welchen wir mit Bewunderung emporschauen. Erinnern
wir uns all jener Bilder und Blätter, in welchen er uns von
seinen Beobachtungen hier und auf seinen Reisen erzählt, von
dem Leben in den Strassen, auf den Boulevards und im
Tuileriengarten in Paris, Intimes und Humoristisches aus dem