Path:
II. Briefe

Full text: Neue Kunde zu Heinrich von Kleist / Steig, Reinhold (Public Domain)

45 
hatte Graf Loeben Theile seines Schäfer- und Ritter— 
romans aus der Handschrift vorgelesen. 
Loeben bezeichnet selbst, obwohl er Fouqué die Worte 
in den Mund legt, seine Dichtung und die Wilhelm's von 
Schütz als verwandt mit einander. Sie sind es auch. 
Beide dermaßen zerfließend in Charakteren und Situa— 
tionen, daß die Lectüre fast nicht zu fester Vorstellung 
dessen, was sie eigentlich wollen, gelangen läßt. „Der 
Garten der Liebe von Wilhelm von Schütz. Erstes 
Buch“ — so heißt das ohne Ort und Jahr erschienene 
Werk — handelt von einem im Thale Estrena in Va— 
leneia lebenden Schäferjüngling Darinel, der in Liebe 
und Freundschaft nach Carissus schmachtet. Helden, 
Königstöchter, Waldbrüder und Schäfer, alle in tugend— 
samster Mischung neben- und durcheinander. Zahlreich 
eingelegte Gedichte. Es fehlt keins der geläufigen Requisite 
der Schäferpoesie. Das erste Buch schließt damit, daß 
Darinel und Carissus sich wiederfinden. Mehr, als 
dieser Band, ist nicht erschienen. Er war also gleichsam 
Muster für Loeben's Schäfer- und Ritterroman Arkadien 
in zwei Bänden. Eine Anspielung auf den von Loeben 
brieflich nicht genau bezeichneten Titel „Paradies der 
Liebe“ findet man gleich Anfangs (1,8): „Das Paradies 
der Liebe ist erstanden“, und weiter (1,14): „Die wahren 
Leiden der Liebe“ sind „himmlischer Art“, wie bei Schütz. 
Aus den Gedichten auf S. 41 und 49 kann man 
Brentanosche Klänge, namentlich der Einsiedlerzeitung, 
vernehmen. Auch das Sonett gedeiht üppig in diesem 
Garten der Liebe. Die Verschäferung und Verritterung 
der auftretenden Personen ist bis zur bedenklichsten 
Uebertreibung durchgeführt. Alles Charakteristische der
	        
Top of page
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.