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II. Briefe

Full text: Neue Kunde zu Heinrich von Kleist / Steig, Reinhold (Public Domain)

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Buchhändler zum Neujahr gesandt habe. Ihm kommt 
darauf an, den Geistreichen zu spielen, ohne sich mit 
Arbeit oder Wissen zu beschweren. Zschokke ist es nicht, 
aber er hat doch den Artikel zugelassen. Da heißt es: 
„Phöbus vor Allen zog mich zuerst durch sein Strahlen— 
kleid an. Ich merkte wohl, der Gott habe Geist, selbst 
Genialität in seinem Wesen, was göttliche Abkunft 
immer am schönsten verbürgt; aber wenig innere 
Kraft, denn er erzählte aller Welt mit vieler Naivetät, 
daß er sich der Unterstützung Göthe's freue; ja nicht 
einmal der Unterstützung, sondern nur der Empfehlung. 
Uebergroße, göttliche Bescheidenheit! — Wem eigene 
Kraft gebricht, den macht die Empfehlung eines Göthe 
nicht werther. Wer selber Kraft hat, bedarf keines 
Schutzpatrons. Die Maske sprach übrigens in sehr pre— 
ziösen Ausdrücken viel von Kunst; die Kunstwerke, welche 
sie mir aber zeigte, waren tief unter den Idealen ihrer 
Theorie. Ich dachte bei mir: wohl ist's ein leichtes, 
über Kunst zu plaudern, denn heuer will alles Kenner 
sein; aber darum eben ist's so schwer, in solcher Unter— 
haltung zu gefallen, wo selbst Schiller und Göthe 
oft etwas langweilig gefunden wurden.“ 
Diese Sähe enthalten etwas Mißgünstiges, selbst 
gegen Goethe und Schiller, und ihre Bestrebungen in den 
Horen und Propyläen. Die, Maske“, die in preziösen Aus⸗ 
drücken viel von Kunst gesprochen habe, ist die erwähnte An— 
kündigung des Phöbus, die freilich immer von „Kunst“ in 
dem allgemeinen Sinne, und fast nicht von Literatur besonders 
redet. Insofern erfüllte allerdings das erste Phöbusheft dem 
Recensenten nicht die erregte Erwartung, das große Frag⸗ 
ment aus der Penthesilea am Anfang und die übrigen Stücke
	        
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