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Briefwechsel zwischen Schiller und Wilhelm von Humboldt

Full text: Briefwechsel / Schiller, Friedrich (Public Domain)

18. August 1795. 
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deutlich machen kann. Das einzige Wort, das ich aus diesem 
wundervollschönen Stücke wegwünschte, sind die Mören und bei— 
nah fürchte ich, mein leidiger Herrmann hat Sie an sie er— 
innert. Theils klingt mir das Wort fatal, theils wird es den 
meisten unverständlich seyn, da die Römische Mythologie es nicht 
kennt. Vorzüglich thäten Sie der Li auch einen Gefallen, wenn 
Sie es ändern wollten. 
Wenn ich mich eben so sehr für den Reim erkläre, so 
müssen Sie nicht denken, daß mir darum die reimfreien Ge— 
dichte Ihrer Sammlung weniger willkommen wären. Der 
Tanz ist vortreflich, und es kann leicht an bloß subjectiven 
Gründen liegen, wenn ich ihm die Macht des Gesanges vor— 
ziehe. Er hat einen so großen philosophischen Gehalt und das 
Bild der Tanzenden ist göttlich schön gemahlt und voll Leben. 
Der Bewegung und Leichtigkeit der ersten Hälfte, die vorzüglich 
in einzelnen Versen (z. B. „Säuselndes Saitengetön u. s. f. 
und „Stürzt der zierliche Bau u. s. w.) unübertreflich aus— 
gedrückt ist, stellt sich die Festigkeit und der Ernst der zweiten 
prächtig entgegen. Auch wird es Ihnen dadurch auf eine in 
der That ganz vorzügliche Art eigen. Die Idee drückt die In— 
dividualität Ihres Geistes, der immer in dem Verwirrten das 
Gesetz aufsucht, und das gefundene Gesetz wieder in scheinbare 
Verwirrung zu verbergen sucht, sehr treffend aus, und selbst 
die Bilder, die Sie brauchen, gehören, wie ich mich aus Ge— 
sprächen erinnere, zu denen, die Ihnen am geläufigsten sind. 
Es hat meiner Phantasie, seit ich jetzt von Ihnen getrennt bin, 
das lebhafteste Bild von Ihnen gegeben, und ist mir darum 
doppelt werth. Im Silbenmaaß sind mir ein Paar Kleinigkeiten 
aufgestoßen, deren ich doch erwähnen will, wenn sie auch vielleicht 
zo ungegründet, wenigstens unbedeutend sind. Im 1Iten Vers „Jetzt, 
jetzt ver liert es den u. s. f. fällt das zweite jetzt kurz ge— 
braucht ein wenig hart auf, wie es mir vorkommt. Zwar läßt 
sich seine Kürze dem Accent nach vertheidigen, da der Gedanke 
forteilt, aber die Quantität ist so sehr dawider, daß ich glaube, 
35 es findet hier eine Ausnahme Statt. Vers 17. 
Sprich was machts daß in rastlosemWechsel die j Bildungen ] schwanken 
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