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7. Wie man unter dem ersten Wittelsbacher lebte

Full text: Berlin-Kölln / Richter, Julius Wilhelm Otto (Public Domain)

Wie man unter dem ersten Wittelsbacher lebte. 
Nachdem der Altermann für die Mitteilung gedankt hatte, entfernte sich 
Johannes von Buch und die Sitzung nahm ihren Fortgang. 
Es ist aller Anlaß, — bemerkle Henning von Lietzen — diese Entscheidung 
mit Genugthuung aufzunehmen, da sie die Beendigung langer Irrungeu endlich 
oerheißt. Freilich werden wir noch schwere Opfer zu bringen haben, denn Bischof 
Ludwig fordert eine Entschädigungssumme von 730 Ig die in Teilzahlungen 
sofort, sowie zu St. Marien Wurzmesse (16. August), zu Martini (10. November) 
und zu Walpurgis (1. Mai) erlegt werden sollen. 
Ein Gemurmel, welches wenig nach Beifall klang, ging durch die Versammlung, 
und Johann Reiche rief: 
Man will die Bürgerschaft gänzlich zu Grunde richten, denn wie sollen wir 
in diesen trüben Zeiten eine so gewaltige Summe aufbringen? 
Weshalb ward denn der Bernauer Propft gerichtet, bemerkte in demselben 
rauhen Tone Ratmann Theißen — wenn nicht, weil er des Markgrafen Feind 
und ein Guelfe war? Alles, was wir seitdem gelitten — es ist Not und Elend 
u — kommt also auf Rechnung des Landesherren, dieser mühßte daher auch 
——— 
Henning von Hameln erhob sich: 
Ja, für den jungen Markgrafen haben wir büßen müssen — nicht bloß 
vegen des Bernauers, sondern auch sonst! Kann man die Opfer an tüchtigen 
Maͤnnern zählen, die, seinetwegen gegen die Scharen der Polen, und namentlich 
am Cremmer Damm?) gegen Herzog Barnim von Stettin gefallen sind? Und 
dann haben wir ihm noch zu seinen unglücklichen Kriegen unsre letzten Spar— 
pfennige als „Bede“ hergeben müssen! Waͤhrlich man fragt sich endsich, wozu 
es geschah! Ein gutes, kreues Volk sind wir fürwahr und wollen auch in Zukunft 
für den Landesherrn einstehen, denn wenn es keinen Markgrafen gegeben hät!t, 
zäb's auch kein Berlin und kein Kölln; — aber eine Treue ist wohl der andern 
wert! ...Wags haben wir denn seither an dem jungen Markgrafen aus Bayern— 
and erlebt? Als er noch ein Kind war, mußten wir Geduld haben, doch jetzt 
hat er die Jahre, in denen wir einige Ansprüche an ihn stellen dürfen! Was, 
frage ich euch, thut er nun? Im Lande umher klagt manch schönes Weib, daß 
er ihm mehr, als schicklich, nachgestellt hat, und in unseren Spreestädten ist's nicht 
besser! Inzwischen sitzt seine blonde Dänin einsam und vergießt heiße Thränen! ... 
Du gehst von der Sache ab, um die es sich handelt unterbrach ihn der 
Altermann — und die vor dir sprachen, thaten dies, wie mir scheint, gleichfalls! 
Haben wir, hier über des Markgrafen Regierung zu urteilen und ihm Vorwürfe 
zu machen? Das ich nicht wüßte, — im Gegenteil hat der Fürst auf den 
Brandenburger Bischof eingewirkt und dafür Sorge getragen, daß nun endlich 
Aussicht auf Lösung des Bannes vorhanden ist! Wir sollten daher den Schieds⸗ 
spruch gern annehmen und ernstlich erwägen, wie wir auch des Bischofs Forderung 
efriedigen! 
Ganz. recht, — hob Johann Reiche abermals an — aber da wir unter den 
Verhältnissen, die durch das bayerische Regiment aufgekommen, ganz verarmt sind, 
wird dies wohl schwer fallen! — Vielleicht sagt uͤs der Altermann selbst, wie 
er sich die Beschaffung des Geldes deukt! 
1) Ungefähr 120000 M. heutigen Geldes. 
2) Im März 1331.
	        
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