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9. Wie die Spreestädte und die Marken an das Haus Luxemburg kamen

Full text: Berlin-Kölln / Richter, Julius Wilhelm Otto (Public Domain)

32 Wie die Spreestädte und die Marken an das Haus Luxemburg kamen. 
Beängstigend wirkte die von Gegnern der bestehenden Verhältnisse verbreitete 
Nachricht von der furchtbaren Stärke des Heeres, mit welchem der Kaiser an der 
Oder erschienen sein sollte, und als bald daͤrauf das Gerücht eintraf, daß derselbe 
bereits Frankfurt bestürme, ohne daß Fürst Otto ins Feld gerückt war, fehlte es 
nicht an kleinmütigen Seelen, welche sorgenvoll fragten was aus Berlin werden 
solle, nachdem die starke Oderstadt gefallen. 
Als Thilo von Wardenberg eines Nachmittags über den alten Markt kam, 
wurde er Zeuge davon, daß, Nikolaus vom Sunde die Mär von dem Falle 
Frankfurts in aufhetzender Weise unter dem Volke verkündete. Alte Frauen, die 
dabei standen, erhoben sofort ein lautes Wehklagen, als ob Berlin selber bereits 
in den Händen der Böhmen wäre. 
Leute, — rief der Bürgermeister mitten in den Haufen hinein — wie könnt 
ihr nur so kleinmütig sein ünd überhaupt solch Gerede glauben! Frankfurt hat im 
Unheilsjahre 13848, als der falsche Waldemar ins Land kam, dem Kaiser Karl sieghaft 
getrotzt; — noch viel weniger denkt es heutzutage daran, sich demselben zu beugen! 
Ich habe Nachricht, daß Kaiser Karl seit gestern die Stadt berennt, — warf 
Nikolaus vom Sunde ein — und heute morgen brachte ein Bauer aus dem Barnim 
die weitere Kunde, daß er bereits die Thore gesprengt habe und eingerückt sei 
Die erste Nachricht — unterbrach ihn Wardenberg — ist richtig; die zweite 
aber erlogen; ich, der erste Altermann, erkläre dies ausdrücklich! . .“ Und'fester 
noch als Frankfurt, das sei euch gesagt, sind die Spreestädte Berlin-Kölln! 
Eben wollte jener Parteigänger des Luxemburgers etwas erwidern;: da stürmte 
Albert von Rathenow herbei. 
Eine frohe Kunde; — rief er strahlenden Antlitzes — sie kam so eben von 
Frankfurt! ... 
Alle schauten ihn gespannt an; er aber fuhr lebhaft fort: Ehegestern schlugen 
die Bürger unsrer Bundesstadt den Sturm ab, den der Kaiser mit einem uün— 
zähligen Heere gegen dieselbe unternahm; vorvorige Nacht aber sind sie selber ins 
Lager der Böhmen eingebrochen und haben diesen eine so große Niederlage bei— 
zebracht, daß der Kaiser gestern früh mit dem Reste seiner Scharen abgezogen ist! 
Seht ihr? — sprach mit dröhnender Stimme Wardenberg — Wir haben 
auch nicht zu fürchten! 
Jubelrufe begleiteten ihn, als er sich mit Rathenow nach der Langen Brücke 
entfernte. Unterdessen hatte sich Nikolaus vom Sunde heimlich davon gemacht. 
Erschütternd war die Szene, welche sich auf dem nämlichen Platze wenige 
Stunden später abspielte: Eine Schar erbärmlicher Gestalten — Fraueu, Kinder 
und Männer voll blutender Wunden, alle mit zerrissenen Kleidern nur spärlich 
umhüllt, Furcht und Entsetzen in den Blicken — stand von jammerndem Volke 
umringt auf dem Markte. An dem Oderberger Thore hatten die Unalücklichen 
uinter kläglichem Flehen Einlaß begehrt und gefunden. 
Wardenberg war zu ihnen geeilt und lauschte dem Berichte ihres Führers. 
Nachdem der Kaiser — erzählte dieser — sein Lager vor Frankfurt ver— 
assen, ergossen sich seine Reiterhorden über das benachbarte Flachland. Wir, die 
dei unserm Städtchen Lebus grade den Segen der Felder zu ernten im Begriffe 
standen, wurden plötzlich überfallen. Rossehufe zerstampften unser Getreide; unsre 
Häuser wurden geplündert und in Brand gesteckt, unsre Weiber mißhandelt, unfre 
Kinder niedergehauen, viele unsrer Männer verstümmelt oder in die Gefangen— 
schaft geschleppt. .. 
Uuns
	        
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