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Sechster Abschnitt. Der Feldzug gegen Frankreich 1870/71. Die Mobilmachung und der Eisenbahn-Transport

Full text: Geschichte des Königlich Preussischen Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 / Puttkamer, Erich von (Public Domain)

Der Feldzug gegen Frankreich 1870/71. 
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Reserve stand. Während dieser Ruhezeit hatte das Regiment die große 
Freude, Seine Majestät den König zum ersten Male seit Berlin zu sehen. 
Seine Majestät fuhren auf der Straße nach Buzancy langsam an uns 
vorbei und hatten die Gnade, einzelne der zahlreich herbeigeeilten Offiziere 
und Mannschaften zu sprechen und die großen Verluste des Regiments zu 
beklagen. Auch die Kavallerie-Division Stolberg und das II. bayerische 
Korps von der Armee unseres Kronprinzen zogen während dieser Zeit 
an uns vorüber. 
Um 2 Uhr kam der Befehl zum Abmarsch. Über Buzancy und 
Nouart durch das Bois de Belval führte uns der lange und beschwerliche 
Marsch auf Beaumont zu, von woher das Getöse der nahen Schlacht zu 
uns drang und die Hoffnung erweckte, daß auch wir heute noch an den 
Feind kommen würden. Das war aber nicht nötig. Wir mußten die 
Ehre des Tages den Kameraden vom IV., XII. und IJ. bayerischen Korps 
überlassen, welche unter dem Oberbefehl des Kronprinzen von Sa chsen 
den Feind (Korps de Failly) nicht nur überrascht, sondern auch voll— 
ständig geschlagen hatten. Das zurückgelassene Zeltlager, die vielen ver⸗ 
wundeten und unverwundeten Gefangenen und die eroberten Geschütze, 
welche wir, bei fast völliger Dumkelheit auf dem Schlachtfelde anlangend, 
sahen, sprachen am besten für die Größe des Sieges, an welchem teil⸗ 
zunehmen uns nur indirekt vergönnt war. 
Das Biwak südwestlich Beaumont, auf dem Schlachtfelde zwischen 
Toten und Verwundeten, ohne Holz und Stroh und fast auch ohne 
Wasser, gehört zu den unangenehmsten Erinnerungen des Feldzuges. 
Da wir am nächsten Morgen erst um 81/2 Uhr aus dem Biwak 
abrückten, hatten wir Gelegenheit, bei Tageslicht das eroberte französische 
Lager in Augenschein zu nehmen. Was war da alles zurückgelassen! Und 
wie mußte der Feind überrascht sein! 
Die vollen Eßnäpfe standen bei den Zelten oder hingen über den 
oerlöschten Feuerstellen. Einzelne hatte die tödliche Kugel getroffen, als 
sie eben den Löffel in den Mund führen wollten! Kavallerie- und 
Artillerie-Pferde standen noch ungeschirrt vom Tage vorher da und schauten 
sich nach ihren Herren um, welche tot oder davongelaufen waren. Und 
was für tausend Sachen schienen die Herren Franzosen im Felde zu ge⸗ 
brauchen! Die Zelte und das Gepäck enthielten die merkwürdigsten Gegen⸗ 
stände, z. B. Bettstellen, eingemachte Früchte, Bonbons und andere 
Delikatessen. Der Marsch des Tages war ebenso anstrengend, wie es der 
des 17, August gewesen war. Man merkte daran, daß es zur entscheidenden 
Schlacht ging. Bei Pouilly wurde die Maas überschritten und bei Vaux 
ein zweistündiger Halt gemacht. Lebensmittel waren nicht vorhanden. 
Nicht einmal Kaffee hatten wir am Morgen kochen können. Glücklich,
	        
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